Sonnenstürme
Das "Aurora borealis" oder auch Polarlicht tritt − wie der Name schon sagt − in Polargebieten auf. Es entsteht beim Auftreffen beschleunigter geladener Teilchen aus der Erdmagnetosphäre auf die Atmosphäre. Die dabei freigesetzten Energien lassen dann das Firmament erglühen.
So bezaubernd dieser physikalische Vorgang von der Erde erscheinen mag, so stecken gigantische Urgewalten dahinter, die unsere Erde auf der rasenden Reise durchs All und um die Sonne auf Kurs halten.
Die Sonne sendet nicht nur ständig Strahlung, sondern auch elektrisch geladene Teilchen in den Weltraum: den Sonnenwind. Die Sonnenwindteilchen benötigen für die 150 Millionen Kilometer lange Strecke von der Sonne zur Erde mehrere Tage. Doch da die Erde ein Magnetfeld besitzt, ist sie diesem Sonnenwind nicht schutzlos ausgeliefert. Die geladenen Sonnenwindteilchen werden von der Erdmagnetosphäre abgelenkt und strömen um sie herum wie Honig, der um eine Nuss herumfließt.
Hier auf der Erde nimmt man dieses Kräftemessen als faszinierendes Polarlicht wahr. Das Naturphänomen bereitet Wissenschaftern und Raumfahrtexperten allerdings eher Unbehagen. Deutet es doch auf erhöhte Sonnenaktivitäten und Sonneneruptionen hin.
"Das Nordlicht ist die optisch schöne Seite des Weltraumwetters", sagt Stefan Kraft, Physiker im Europäischen Satellitenkontrollzentrum ESOC in Darmstadt. Physikalisch jedoch bedeuten Polarlichter, dass zuvor ein sogenannter koronaler Massenauswurf − kurz CME − stattgefunden hat.
Das ist eine Sonneneruption, bei der Plasma in einer Größenordnung von mehreren Zehnmilliarden Tonnen Masse in den Weltraum geschleudert wird.
Dieses Sonnenplasma besteht aus Elektronen, Protonen und den Kernen schwerer Elemente wie Helium, Sauerstoff oder Eisen − eine hochaufgeladene Teilchenmischung, die Mensch und Technik gefährden und die Infrastruktur im All und auf der Erde zerstören könne, erklärt der ESA-Experte. Flugverkehr und Stromnetze sind betroffen. Handys und Computer stürzen ab. Kraft ist Koordinator des Weltraumwetter-Beobachtungssystems der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Die Erforschung und zuverlässige Prognose des Weltraumwetters ist eines der Ziele des Weltraumüberwachungsprogramms (SSA) der ESA.
Mehr als 30 Millionen Euro stehen allein für diese Säule des Programms bis 2020 bereit. Der Forscher befasst sich vor allem mit der Umsetzung von Strategien und Missionen, die die Erde vor den Turbulenzen aus dem All schützen und sie besser vorhersagen sollen.
Ziel der Forschungen ist es, eine Vorwarnzeit von mehreren Tagen wie bei der Wetterprognose auf der Erde zu entwickeln. Dazu nötig ist aber ein besseres Verständnis der Abläufe, die das Wetter im Weltraum bestimmen. Die Häufigkeit von koronalen Massenauswürfen (CME) hängt von der Intensität der Sonnenaktivität ab. Austrittsquellen sind meist Sonnenflecken. Die Eruptionen schleudern einen Strom an hochaufgeladenen Teilchen in den Weltraum, der den sonst relativ konstant wehenden Sonnenwind zu Stoßwellen anschwellen lässt. Auf Simulationen sieht das aus wie eine Wolke, die von der Sonne Richtung Erde treibt. Der durch die Explosionen verstärkte Sonnenwind erhöht den Druck auf die Magnetosphäre unseres Planeten. Der Schutzschild der Erde wird dabei wie eine Seifenblase auseinandergezogen und kann sozusagen reißen.
Die elektrischen Teilchen, die dann in das Magnetfeld eintreten, veränderten die Ströme in der Magnetosphäre und Ionosphäre der Erde, erklärt Stefan Kraft.
Quelle:
Salzburger Nachrichten, Die Sphäre schützt vor dem Allwetter
(Ausgabe vom 02.02.2018)