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Starkregen, Windböen und Hochwasser: Der Klimawandel ist bei den aktuellen Unwettern laut Fachleuten "Beitragstäter". Ursache dürften mehrere Faktoren sein, etwa eine Kombination aus einer bestimmten meteorologischen Wetterlage mit Kaltlufteinbruch und dem extrem warmen Mittelmeer.

Letzteres ist zum Teil auf die Klimaerwärmung zurückzuführen, so Douglas Maraun, Leiter der Forschungsgruppe Regionales Klima am Grazer Wegener Center for Climate and Global Change. Generell führe ein wärmeres Klima zu stärkeren Extremniederschlägen, weil warme Luft deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann.

"Im aktuellen Fall bedeutet das, dass die Wetterlage, die jetzt über Mitteleuropa zieht, mehr Feuchtigkeit mit sich nimmt, als sie das vielleicht vor 50 Jahren gemacht hätte. Derzeit kommen aber noch andere Faktoren dazu", so Maraun im Gespräch mit der APA. Neben der Wetterlage mit einem Kaltlufteinbruch sei das Mittelmeer im Moment extrem warm, wodurch deutlich mehr Feuchtigkeit verdunsten kann.

Was die Hitzewellen der vergangenen Jahre ausgelöst habe, die zur Erwärmung der Ozeane führten, sei eine offene Frage in der Klimaforschung. "Manche glauben, es ist eine direkte Folge des Klimawandels, manche führen es auf die Luftreinheit zurück. Andere sehen eine Verstärkung durch zufällige natürliche Schwankungen", verweist Maraun auf das mögliche Zusammentreffen verschiedener Faktoren.

Generell sei der Charakter der Niederschläge sehr stark von natürlichen Schwankungen bestimmt. "Das heißt, wir haben Jahrzehnte, in denen zum Beispiel mehr solche Tiefs durchziehen, und Jahrzehnte, in denen weniger durchziehen. Das ist der Grundton natürlicher Schwankungen im Klimasystem. Und der Klimawandel verstärkt dies jetzt. Die Dürren werden deutlich trockener. Die starken Niederschläge werden intensiver", so Maraun.

Dass wärmere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann und dass man davon ausgehe, dass Starkniederschläge in vielen Weltregionen stärker werden, das stehe auch ganz klar im sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC). Der Rat ist eine in Genf ansässige UNO−Institution. Für ihn tragen Fachleute den wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Klimawandel alle fünf bis sieben Jahre zusammen. Zu Wetterlagen wie der aktuellen gebe es aber noch überraschend wenig Forschung, so Maraun.

Ein Einzelereignis selbst könne "nie einzig und allein durch den Klimawandel verursacht werden", sagt auch Marc Olefs, Leiter der Klimaforschung bei GeoSphere Austria, am Montag in der Ö1−Sendung "Wissen Aktuell". Die menschengemachte Erderhitzung wirke bei den aktuellen Unwettern "verschärfend in Form von vielleicht einem etwas langsam wandernden Tiefdruckgebiet oder in Form von höheren Niederschlagsintensitäten".

Die Erde erwärme sich seit der vorindustriellen Zeit: "Das heißt, sämtliche Luftmassen − egal ob die warmen, feuchten Mittelmeer−Luftmassen oder die kalten, polaren Luftmassen − sind heute über dem europäischen Kontinent und den angrenzenden Meeren um zwei bis drei Grad wärmer im Vergleich zur vorindustriellen Zeit."

Pro Grad Erwärmung können diese Luftmassen, wenn sie gesättigt sind, um sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen, der dann wieder abgeladen werde, so Olefs. Für ein Ereignis wie die aktuellen Unwetter müsse das Mittelmeer gar nicht unbedingt sehr stark überwärmt sein − es könne aber "der entscheidende Faktor" sein. Um das detailliert zu sagen, sei es im Moment allerdings noch zu früh.

Aus physikalischer und klimatologischer Sicht müsse man in Anbetracht der aktuellen Unwettersituation feststellen: "Die Erderhitzung führt tatsächlich dazu, dass solche Ereignisse intensiver werden. Sie werden nicht unbedingt häufiger werden, aber sie werden intensiver werden." Es sei daher "lebenswichtig und lebensnotwendig, dass es nicht noch viel schlimmer wird", so der Klimaforscher. Und das könne nur funktionieren, wenn die Treibhausgasemissionen weltweit verringert werden.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3226739/
(abgerufen am 16.09.2024)