Zweigeteilte Prognose


Egal ob in Österreich, Deutschland oder der Schweiz − die Winter sind aktuellen Untersuchungen aus der Klimaforschung zufolge langfristig in allen Höhenlagen wärmer geworden. Ein Trend, der sich auch in Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit fortsetzen wird. Dennoch gebe es derzeit Unterschiede zwischen tiefen und höheren Lagen, so die Forscher in einer Aussendung.

Das klarste Signal des Klimawandels sei die in allen Jahreszeiten steigende Lufttemperatur. Dadurch wird in wärmeren Wintern freilich auch der Schnee deutlich weniger − zumindest in tiefen Lagen, wo es öfter regnet als schneit und gefallener Schnee schneller wieder schmilzt, wie die Untersuchungen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), des Deutschen Wetterdienstes(DWD) und des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz belegen.

Die gute Nachricht: In höheren Lagen, also oberhalb von 1.500 bis 2.000 Metern, sei es selbst in milden Wintern meist kalt genug, wodurch auch in den nächsten Jahrzehnten ausreichend Naturschnee für den Wintersport zu erwarten sei. Eine Auflistung von Snowtrex zeigt, dass die maximale Höhe vieler österreichischer Skigebiete über 1.500 Meter liegt.

Langfristig gesehen komme es jedoch in allen Höhenlagen zu einem Anstieg der Wintertemperaturen, was sich wiederum auf die künstliche Beschneiung auswirken könne. Schließlich würden die Zeitfenster, in denen technische Beschneiung möglich ist, nicht nur kürzer, sondern auch seltener werden.

Denn die Winter würden nicht nur später beginnen, sondern auch früher enden. Das äußere sich etwa darin, dass sich zu Beginn des Winters später eine Schneedecke bilde, die am Ende des Winters früher schmelze. Besonders stark sei der Effekt am Winterende, weil die Erderwärmung in den Frühlingsmonaten stärker sei als in den Herbstmonaten.

Langfristig gesehen sei die Zahl der Tage mit einer geschlossenen Schneedecke durch die Klimaerwärmung in tiefen Lagen demnach auch deutlich zurückgegangen. So habe die Zahl der Tage mit einer Schneedecke in Wien, Innsbruck und Graz in den vergangenen rund 90 Jahren um rund 30 Prozent abgenommen.

Ein ähnliches Bild böte sich auch in der Schweiz: Hier habe die Schneedecke zwischen 25 und 35 Prozent abgenommen, besonders in den vergangenen Jahren sei eine ausgeprägte Schneearmut zu beobachten gewesen. Unterdessen gebe es in Deutschland, etwa in Berlin, durchschnittlich rund zehn Tage weniger mit Schnee als zwischen 1951 und 1980.

Ein Blick auf die Temperaturmessungen zeige zudem, dass es in den vergangenen Jahren in vielen Ländern Europas die mildesten Winter der Messgeschichte gegeben habe. In Österreich seien die wärmsten Winter der 253-jährigen Messgeschichte die Winter 2006/07 und 2019/20 gewesen. Gleiches gelte für Deutschland. In der Schweiz sei hingegen der vergangene Winter 2019/20 im landesweiten Mittel der wärmste seit Einführung des offiziellen Messnetzes im Jahr 1864 gewesen.

"Die Analyse von langfristigen Trends ist teilweise schwierig, weil die Temperaturen im Winter von Jahr zu Jahr stark schwanken und sich auch große regionale Unterschiede zeigen", heißt es in der Aussendung. Zum Beispiel sei es erst bei Zeitreihen ab etwa 80 Jahren möglich, die natürlichen Schwankungen der Winter von den langfristigen Änderungen zu unterscheiden, die durch die vom Menschen beeinflusste Klimaerwärmung entstehen.

An einem Beispiel veranschaulicht heißt das: "In Österreich verzeichnete das Sonnblick-Observatorium der ZAMG in 3.106 Meter Seehöhe in den vergangenen 30 Jahren zwar eine leichte Abkühlung, die gesamte 134-jährige Messgeschichte am Sonnblick zeigt aber eine statistisch signifikante Erwärmung im Winter von 1,9 Grad", so die Forscher.

Gleiches gelte für Deutschland und die Schweiz. Auch hier würden alle Gipfelstationen eine Erwärmung der Winter belegen. In der deutschen Alpen-Region wie auch in den östlichen Mittelgebirgen sei es seit 1881 um 1,4 Grad wärmer geworden, in der Schweiz an der Bergstation Säntis in 2.500 Meter Seehöhe seit 1864 um 1,6 Grad.

All diese Trends werden sich laut der Klimaforschung in den nächsten Jahrzehnten wahrscheinlich fortsetzen − offen ist aber, "wie stark die Änderungen ausfallen werden". So sei es immer noch möglich, mit tiefgreifenden Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen, wie im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 vorgesehen, die Erwärmung zu senken, wodurch auch die Abnahme der Tage mit Schneedecke geringer ausfallen könnten.

Untersuchungen für Österreich zeigen: Bei ungebremsten Emissionen von Treibhausgasen würde die Schneedeckendauer bis 2100 in tiefen Lagen um rund 90 Prozent abnehmen, in Lagen um 1.500 Meter Seehöhe um etwas mehr als 50 Prozent. Bei Einhaltung des Paris Abkommens wären die Auswirkungen nur etwa halb so stark. Ähnliches treffe etwa auch für die Schweiz zu, wo die winterliche Nullgradgrenze in den vergangenen 150 Jahren bereits um etwa 600 Meter auf heute über 900 Meter Seehöhe gestiegen sei und laut Klimaprojektionen auch in Zukunft weiter steigen wird.

Die Klimaforscher aus Österreich, Deutschland und der Schweiz sind sich einig, dass der Kampf gegen die Erderwärmung eine länderübergreifende Zusammenarbeit erfordert: "Mit der intensiven Zusammenarbeit der nationalen Wetterdienste von Deutschland, Österreich und der Schweiz können wir nachhaltige und gesamtheitliche Strategien zur Verbesserung der Widerstands- und Anpassungsfähigkeit der Regionen entwickeln", meint etwa Tobias Fuchs, DWD-Vorstand für Klima und Umwelt.

Dass die Klimakrise in den Alpen "keinen Halt an politischen Grenzen" macht, betont auch Mischa Croci-Maspoli, Leiter der Abteilung Klima beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz. Marc Olefs, Leiter der Klimaforschung an der ZAMG fügt hinzu: Ein wichtiges Ziel der Klimaforschung der nationalen Wetterdienste der drei Länder sei, "detaillierte Klimaauswertungen zu Vergangenheit und Zukunft der Winter zur Verfügung zu stellen, damit eine sachliche Diskussion am aktuellen Stand der Forschung möglich ist und über wichtige langfristige Maßnahmen entschieden werden kann."

Quelle:
https://orf.at/stories/3190347/
(abgerufen am 19.11.2020)