Neue Wetternormalität


Von Hitze und Trockenheit bis hin zu Überschwemmungen und Muren, von keinem Schnee bis hin zu noch nie dagewesenen Schneemassen. Das Jahr 2020 hatte beim Wetter eine enorme Palette zu bieten. Der Trend der Erwärmung setzte sich unterdessen ungebrochen fort.

2020 ist ein weiterer Puzzlestein, der sich in das Mosaik der Klimaveränderung einfügt. Bis auf den Mai fielen alle Monate zu warm aus. Das Jahr reiht sich so in die Top Fünf der wärmsten Jahre in Österreich seit Messbeginn ein, nur 2014, 2015, 2018 und 2019 waren wärmer. Die Aufzeichnungen reichen bis ins Jahr 1767, zur Zeit Maria Theresias, zurück. Passend zum Bild der Klimaerwärmung ist auch, dass es mehr Sonnenschein als normal gab. Ziemlich ausgeglichen fällt hingegen die Bilanz beim Niederschlag aus, aber der Regen bzw. Schnee ist sehr ungleichmäßig über das Jahr verteilt.

Das Jahr begann mild und trocken. Wochenlanges Hochdruckwetter sorgte im Jänner für neue Rekorde beim Sonnenschein, in Klagenfurt schien die Sonne 194 Stunden lang. Winterliches Wetter war kaum dabei. In Lienz und Graz fiel keine einzige Flocke, in Mariazell lag an nur einem Tag im Jänner Schnee.

Rechtzeitig zu den Semesterferien im Februar bekamen die Skigebiete einen schönen Batzen Schnee, das Flachland aber fast nur Regen. In Bregenz, Kremsmünster und Wien war der Februar der bisher wärmste überhaupt, auch weil stürmischer Westwind immer wieder durchgriff. Auf der Hohen Warte in Wien gab es fünf Tage mit Spitzen über 80 km/h.

Durch das schneearme, milde Wetter wurde im gesamten Winter auf den Straßen in Oberösterreich nur halb so viel Streusalz verbraucht wie im Jahr davor, die für die Autobahnen zuständige ASFINAG kam sogar mit nur einem Drittel der Menge des Vorjahres aus.

Der März startete warm und sonnig. Viele Pflanzen begannen zwei bis drei Wochen früher als üblich zu blühen. Schon am 12. März hatte es 24 Grad in Pottschach bei Ternitz (NÖ). Das Frühlingswetter erleichterte vielen den Beginn des ersten Lockdowns und verleitete auch die Hobbygärtner zum frühen Saisonstart.

Ende März und Anfang April verursachten dann aber Frostnächte Schäden, unter anderem bei Marillen in der Wachau (NÖ) und Erdbeeren im Eferdinger Becken (OÖ). Krems (NÖ) stellte mit minus fünf Grad am 2. April einen neuen Kälterekord auf.

Die Wärme kam aber bald zurück und es wurde der zweitsonnigste April seit Beginn der Messungen. Allerdings verschärfte sich dadurch die Trockenheit, es gab auch Waldbrände und am Neusiedlersee einen 700 Hektar großen Schilfbrand. Die Grundwasserpegel verzeichneten teilweise sogar historische Tiefstände.

Viele Bauern machten sich aufgrund der Trockenheit im Frühling bereits Sorgen um die Ernte, doch der Mai brachte zumindest im Norden und Osten Österreichs den langersehnten Regen. Der Mai war außerdem der erste zu kühle Monat seit einem Jahr. Im Juni ging dann die Trockenheit fast überall nachhaltig zu Ende.

Gleichzeitig begann aber die Gewittersaison und es kam zu ersten Unwettereinsätzen der Feuerwehren. Am 3. Juni zog ein Tornado in Pottendorf (NÖ) eine Spur der Verwüstung. Am 29. Juni gab es in Gleisdorf (Stmk) mit 90 Litern pro Quadratmeter in nur zwei Stunden einen neuen Niederschlagsrekord, sogar der Schneepflug musste ausrücken, weil es so viel hagelte.

Unwetter blieben auch im Juli und August nicht aus. Schwere Gewitter trafen unter anderem das Gasteinertal (Salzburg) am 2. Juli, eine riesige Mure unterbrach die Tauernbahn. Im Hausruck- und Innviertel (OÖ) ging am 28. Juli tennisballgroßer Hagel nieder. Am 11. August verwüsteten Unwetter das oberen Feistritztal (Steiermark), am 22. gab es im Kaunertal und Ötztal größere Murenabgänge. Durch starken Dauerregen kam es im August auch zu Hochwasser, Anfang des Monats an Salzach und Saalach, Ende August unter anderem an Rhein und Isel.

Trotz all dieser Unwetter war der Sommer 2020 aber kein besonders gewitterreicher. Das Blitzortungssystem Aldis hatte nur 70.000 Blitzeinschläge in ganz Österreich verzeichnet, das ist weniger als die Hälfte des langjährigen Durchschnitts und die niedrigste Zahl seit Beginn der Blitzmessungen 1992.

Die Temperaturen waren im Sommer zwar fast durchgehend überdurchschnittlich, doch es gab keine lange, ausgeprägte Hitzewelle. Daher haben viele Menschen den Eindruck, dass es kein besonders warmer und "schöner" Sommer war, vor allem auch weil die letzten Sommer (2017, 2018 und 2019) extrem heiß ausgefallen waren. Zudem regnete es heuer fast doppelt so viel wie im Sommer 2019. Aber auch die höchste Temperatur dieses Sommers konnte sich sehen lassen: 37,2 Grad am 28. Juli in der Wiener Innenstadt.

Ein Sommermonat war auch der September, Bad Radkersburg kam noch auf 15 Sommertage über 25 Grad. Ende des Monats folgte ein abrupter und markanter Wetterumschwung. Es kam zu einem Wintereinbruch bis in manche Täler. In Bischofshofen (550 m) bildete sich am 26. eine dünne Schneedecke. Schnee im September bis in solche tiefe Lagen kam in Österreich nur alle paar Jahrzehnte vor.

An den Anblick schneebedeckter Berge konnte man sich im Oktober gewöhnen. Im Tennengebirge lag über 20 Tage lang eine geschlossene Schneedecke, zeitweise bis zu 60 cm dick. Oft sah man die Berge aber nicht im Oktober, es gab wenig Sonne. Ungewöhnlich war auch, dass es im Oktober auf den Bergen kälter war als im November.

Der November war nämlich geprägt von Inversionswetter mit jeder Menge Nebel in den Niederungen und Sonne und Wärme auf den Bergen. In Klagenfurt war es zwölf Tage hintereinander trüb, und bis zum Ende des Monats fiel fast kein Regen und Schnee. Der November war damit der zweittrockenste seit über 60 Jahren.

Anfang Dezember änderte sich die Wetterlage schlagartig, ein Mittelmeer-Tief brachte in den südlichen Teilen Tirols und in Kärnten für Dezember noch nie dagewesene Schnee- und Regenmengen. Innerhalb von nur drei Tagen fiel z. B. im Defereggental und im Mölltal mehr als doppelt so viel Niederschlag wie sonst im ganzen Winter. In einigen Tälern türmte sich der Schnee über anderthalb Meter hoch, auf manchen Bergen kamen sogar fast drei Meter Neuschnee zusammen.

Quelle:
https://orf.at/stories/3194117/
(abgerufen am 19.12.2020)