Kühleffekt


Winzige Schadstoffteilchen in der Atmosphäre haben die menschengemachte Erderwärmung in der Vergangenheit deutlich abgeschwächt, denn sie haben eine kühlende Wirkung. Eine Auswertung von Satellitendaten zeigt nun, dass sich durch die Aerosole neue Wolken bilden, die den Kühleffekt weiter verstärken. Die Erkenntnis könnte Klimamodelle und ihre Prognosen verbessern.

Aerosole, wie sie etwa bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehen, kühlen das globale Klima direkt und indirekt: Die kleinen Schwebeteilchen verringern selbst die Sonneneinstrahlung und sie verändern die Zusammensetzung der Wolken, was die Abstrahlung ebenfalls verstärkt. Die globale Erwärmung durch Treibhausgase wurde in der Vergangenheit auf diese Weise deutlich abgeschwächt. Laut dem Weltklimarat (IPCC) um ungefähr ein Drittel seit 1750.

Verbessert sich die Luftqualität, fällt der Kühleffekt zunehmend geringer aus. Manche Klimaforscher wie etwa Stefan Rahmstorf nehmen an, dass die heurige Temperaturentwicklung − die viel extremer war als erwartet − auch mit einer nachlassenden Kühlung durch Aerosole zu tun hat. Insbesondere die Emissionen der Weltschifffahrt sind durch ein neues Abkommen in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, nämlich um etwa 80 Prozent.

Um solche womöglich unterschätzten Einflüsse in Klimamodellen und Prognosen besser abzubilden, wäre es wichtig zu verstehen, wie und in welchem Ausmaß die Aerosole tatsächlich zur Kühlung beitragen. Denn rund um die Wechselwirkungen zwischen Schadstoffteilchen und Wolkenbildung gebe es nach wie vor einige offene Fragen, so die Forscher und Forscherinnen um Tianle Yuan von der University of Maryland im Fachmagazin "Science Advances".

Tiefliegende Wolken über den Weltmeeren reflektieren einen hohen Anteil der Sonneneinstrahlung zurück ins All. Wie viel genau, hänge im Wesentlichen von drei Faktoren ab, heißt es in der soeben erschienenen Studie: von der Wassermenge, der Dichte der Tröpfchen und der generellen Wolkenbedeckung. Auf alle drei Parameter können Aerosole einen Einfluss haben. Unter anderem nimmt durch die Schwebeteilchen die Dichte der Wassertröpfchen zu, gleichzeitig schrumpfen die Tröpfchen aber. Dadurch werden die Wolken heller und reflektieren stärker. Dieses Phänomen ist als Twomey−Effekt bekannt.

Ob und wie sich die Aerosole auf die absolute Wassermenge in den Wolken und das Ausmaß der Wolkenbedeckung an sich auswirken, müsse noch im Detail untersucht werden. Wie Yuan und Co. ausführen, ist das aber sehr schwierig, da sehr viele physikalische Prozesse beteiligt sind, die einander auch wieder aufheben können. Daher sei bis dato nicht ganz klar, ob es abgesehen vom Twomey−Effekt noch weitere indirekte Kühleffekte durch Aerosole gibt. Eine Auswertung von Satellitenaufnahme aus 18 Jahren sollte nun etwas mehr Klarheit in die komplexen Zusammenhänge bringen. Das Team verglich die Bewölkung entlang von globalen Schiffsrouten mit Wolken in der Nähe, die allerdings nicht durch Schmutzpartikel verunreinigt waren.

Im Durchschnitt nahm die Wolkenbedeckung entlang der Schiffsrouten durch die Aerosole um neun Prozent zu, heißt es in der Studie. Es gab aber sehr große regionale Unterschiede. Wechselwirkungen zwischen Aerosolen, Wolken und Regen hängen laut den Forschern in hohem Maß von den Begleitumständen ab. So wachsen die Wolken durch Aerosole etwa dann besonders stark, wenn die Luft in der Gegend eigentlich sehr sauber ist. Das bestätige Beobachtungen, dass Gebiete, die vorher noch wolkenlos waren, plötzlich komplett wolkenbedeckt sind, wenn Schiffe durchgefahren sind. Außerdem verhindern Aerosole mitunter, dass Wolken abregnen, was ebenfalls zu einer größeren Bedeckung beiträgt.

Die Studienergebnisse bestätigen jedenfalls, dass die niedrigen Wolken durch Aerosole wachsen, was laut den Studienautoren und −autorinnen einen beträchtlichen Anteil an der kühlenden Wirkung der Partikel hat. Je nach Rahmenbedingungen betrage dieser Kühleffekt zwischen 51 und 396 Prozent des Twomey−Effekts. Wie das Team abschließend schreibt, sollen die Erkenntnisse helfen, die Kühlung durch Aerosole in Klimamodellen genauer zu quantifizieren und mit weniger Unsicherheiten abzubilden. Das ermögliche bessere und genauere Prognosen.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3222049/
(abgerufen am 04.01.2024)