Forschen in Grönland


Die Universität Graz wollte schon im Sommer 2020 eine bestehende dänische Forschungsstation im Südosten Grönlands ausbauen − wegen des Coronavirus mussten die Pläne gestoppt werden. Jetzt gibt es einen neuen Termin: Sommer 2022. Der Standort ist laut Uni Graz für Gletscher- und Klimaforschung optimal.

Seit nunmehr 50 Jahren wird an der Sermilik-Station nahe der Stadt Tasiilaq im Südosten Grönlands geforscht. Die dänische Station ist in die Jahre gekommen und zu klein. Die Universität Graz wird sie daher gemeinsam mit Partnern erweitern, blickt Wolfgang Schöner, Professor am Institut für Geografie und Raumforschung, ins nächste Jahr. "Auf der Station gibt es sehr lange Messungen von Klimadaten, insbesondere zu Gletschern. Diese Messungen sind sehr wertvoll, und wir wollen sie auch in Zukunft fortsetzen."

Grönland ist ein wichtiges Forschungsgebiet − besonders der Südosten, so Schöner, wo es viele Gletscher, viel Wasser und Meereis gibt. Die kleinen Gletscher sind für die Forscherinnen und Forscher der Universität Graz besonders interessant: "Es gibt den großen Eisschild, der im Zentrum der Forschung steht − die kleinen Gletscher werden oft vergessen." Genau diese kleinen Gletscher sind von der Sermilik-Station aus gut erreichbar.

Grönlandforschung 01

Neben der Kryosphäre beschäftigt die Forscherinnen und Forscher auch das Wetter in der Region um die Station. Es gibt dort starke Winde, die durch den Temperaturunterschied zwischen Eis und Wasser entstehen. Die sogenannten Piteraqs werden durch das Islandtief weiter angetrieben und können laut Schöner Geschwindigkeiten bis zu 320 km/h erreichen. Ein Forschungsfeld, das die Bevölkerung, die mit diesen kalten Winden zu kämpfen hat, direkt betrifft.

Bisher sind Forschergruppen der Uni Graz immer zur Zackenberg-Station im Nordosten des Landes geflogen − laut Schöner ein großer Aufwand und mit individuellen Flugbewegungen verbunden. Die abgelegene Station ist außerdem nicht das ganze Jahr erreichbar.

Die Sermilik-Station kann hingegen durch die Nähe zur größten Stadt an der Ostküste Grönlands ganzjährig betrieben werden, und es gibt einen öffentlichen Flughafen − das führe zu einer Kohlenstoffdioxideinsparung bei den Forschungsaktivitäten, so der Polarforscher.

Grönlandforschung 02

Österreichische Studierende sollen durch den Zubau an die dänische Station an leistbaren Grönland-Exkursionen teilnehmen können. Das Gebäude wird für 20 Personen ausgelegt sein und eine Küche für einen Selbstversorgerbetrieb bieten. Internationale Forschungsprojekte können ebenso durchgeführt werden. Die Kosten werden um das Drei- bis Vierfache niedriger sein als bei den Reisen zur knapp 1.200 Kilometer nördlicher gelegenen Zackenberg-Station, schätzt der Uniprofessor und Direktor des österreichischen Instituts für Polarforschung.

"Die Coronavirus-bedingte Pause bei dem Projekt hat auch Vorteile. Wir haben uns viel mehr Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn wir die Station nicht erreichen können." So sei nun geplant, die Bevölkerung in der 2.000-Einwohner-Stadt Tasiilaq enger in die Forschung einzubinden.

Interessierte sollen etwa Messungen durchführen, um Lücken in Datensätzen zu vermeiden, wenn niemand nach Grönland kommen kann. Außerdem werde sich die Forschung mehr mit Themen beschäftigen, die die Einwohner und Einwohnerinnen betreffen. Wolfgang Schöner nennt neben den erwähnten Winden auch die Veränderungen bei Eis und Meer als Beispiele.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3208210/
(abgerufen am 17.08.2021)