Mehr Waldschutz


So lange andere technische Innovationen fehlen, sind die Wälder die wichtigsten Kohlenstoffspeicher, auch in Österreich. Doch das Speicherpotenzial der hiesigen Wälder sei bei Weitem nicht ausgeschöpft, wie eine neue Studie im Auftrag der Umweltinitiative "Mutter Erde" zeigt. Es brauche dichtere, ältere Wälder und insgesamt mehr Waldschutz.

Würde der Mensch die europäischen Wälder unberührt lassen, wäre der Kontinent fast vollständig von Wald bedeckt. Wälder seien folglich ein wesentliches Ökosystem, sagt der Vegetationsökologe und Studienautor Hanns Kirchmeir vom Institut für Ökologie E.C.O. Die europäische Artenvielfalt hänge stark an der Biodiversität des Waldes. "Und daher ist Waldnaturschutz eine ganz wesentliche Komponente, wenn wir typische österreichische oder europäische Biodiversität erhalten wollen", sagt Kirchmeir.

Nicht Monokulturen mit ertragreichen Baumarten zu pflanzen, sondern auf Mischwälder zu setzen, sei eine wichtige Maßnahme, um Österreichs Wälder widerstandsfähiger zu machen und vor Schädlingsbefall zu schützen, so Kirchmeier. Davon profitiert der Mensch auch mit Blick auf die Klimakrise: Denn Wälder sind die wichtigsten Speicher des Treibhausgases Kohlendioxid.

"Wir haben im Bereich des Kohlenstoffspeicherns aus der Atmosphäre wenig technische Alternativen, und die einzige Möglichkeit derzeit, die flächendeckend besteht, ist die Fotosynthese der Wälder", erklärt der Ökologe. Auch Äcker und Wiesen leisten einen Beitrag, doch dort würde CO2 nur kurzfristig gespeichert, während Wälder den Kohlenstoff im Holz speichern, erläutert der Vegetationsökologe. Wie effizient Wälder speichern, hänge vom Blattwerk ab, so Kirchmeir.

"Je mehr Blattmasse da ist, also je mehr Bäume mit entwickelten Kronen da sind, umso mehr CO2 kann von ihnen aufgenommen werden", sagt Kirchmair. Ältere Wälder speichern zwar nicht unbedingt mehr Kohlenstoff, dafür aber sehr viel länger als jüngere. Buchen erreichen ein natürliches Alter von bis zu 500 Jahren, Fichten und Tannen bis zu 700 Jahre. Die Nutzungszkylen seien in Österreich aber sehr viel kürzer, so Kirchmair.

"Die Nutzungszyklen liegen zwischen 80 und 120 Jahren, in denen Bäume geerntet werden, und das ist weit von dem natürlichen Baumalter entfernt", so Kirchmair weiter. Die Holzernte reduziert zudem den Holzvorrat: Derzeit liegt der durchschnittliche Vorrat der österreichischen Wälder bei etwa 350 Vorratsfestmetern Holz pro Hektar, heißt es in der Studie. Damit liegt man deutlich unter den 500-700 Vorratsfestmetern, die sich in Ur- und Naturwäldern in Mitteleuropa finden. Es bestehe also noch erhebliches Potenzial im CO2-Speichervolumen.

Zusätzlich sei es wichtig, bei der Holzernte Kahlschläge zu vermeiden, so Kirchmeir. Denn nach einem Kahlschlag dauert es fast 20 Jahre, bis der Wald wieder mehr Kohlenstoff speichern kann als er abgibt. Zusätzlich bleibt das Waldklima in einem dichteren Wald kühl und der Boden damit feuchter, und das schützt vor Trockenheit und Brandgefahr.

"Dabei ist zu unterstreichen, dass die Entnahme von Sägerundholz, das dann langfristig in Gebäude oder Holzprodukte gebunden wird, Priorität haben soll zu jeder energetischen Nutzung", ergänzt der Ökologe, also Holz verbauen, nicht aber im großen Stil verbrennen. Um das zu erreichen soll die Biodiversitätsstrategie der Europäischen Union für Wälder auch in Österreich umgesetzt werden. Die sieht vor, zumindest 20 Prozent der Waldflächen unter Schutz zu stellen und nur nachhaltig zu nützen − und weitere zehn Prozent komplett zu schützen und ungenützt zu lassen.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3209608/
(abgerufen am 07.11.2021)