Schließendes Zeitfenster


Was tun gegen steigende Meeresspiegel, Hochwasser oder Dürren ? Der neueste Bericht des Weltklimarats (IPCC), der Ende Februar erscheinen wird, nimmt die Anpassungsmöglichkeiten in den Blick. Das Zeitfenster für die Klimapolitik schließt sich, sagt der IPCC-Experte Hans-Otto Pörtner.

Der zweite Teil des 6. Sachstandsberichts des Weltklimarats IPCC werde sicherlich stärker auch für politische Diskussionen sorgen, ist der Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe II Hans-Otto Pörtner überzeugt. 270 Autorinnen und Autoren aus der ganzen Welt haben für den Bericht mehr als 34.000 klimawissenschaftliche Publikationen ausgewertet. Am Montag beginnt der letzte Schritt: die Verabschiedung im IPCC-Plenum der Mitgliedstaaten.

Mit seinem Fokus auf die Klimafolgen, die Verwundbarkeiten und Anpassungsmöglichkeiten werde der Bericht die Motivation liefern, überhaupt Klimaschutz zu betreiben, sagt der Forscher. Und er werde auch Interessenskonflikte zwischen den Ländern offenlegen. "Die Produzenten von fossilen Brennstoffen haben natürlich ihre Sicht der Dinge und da gibt es schon Trends, Risiken herunterzuspielen." Noch immer steige die Produktion fossiler Brennstoffe; der Ausstieg aus der fossilen Wirtschaft sei aber zentral, um die Emissionen zu reduzieren.

Für die Handlungsmöglichkeiten im Klimaschutz sei es wichtig, die Wechselwirkungen zwischen Klima, Natur und Gesellschaft in den Blick zu nehmen, sagt Pörtner, der als Meeresbiologe am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven forscht. Man dürfe die Biosphäre nicht rein "technologisch" als CO2-Senke begreifen. Nur intakte Ökosysteme könnten diese Funktion übernehmen.

30 Prozent der Erde sollen laut einem aktuellen Vorschlag unter Naturschutz gestellt werden, um das Artensterben einzudämmen und den Erhalt der Ökosysteme abzusichern. Damit diese Schutzgebiete nicht die Ernährungssicherheit bedrohen, müsste aber auch der Mensch sein Verhalten ändern, sagt der Forscher. "Wir haben klar einen ganz großen Grundkonflikt, und das ist die Tatsache, dass 70 Prozent der Ackerkulturfläche momentan für die Produktion von Tierfutter genutzt wird." Ein geringerer Fleischkonsum könnte diesen Konflikt entschärfen und darüber hinaus auch noch die menschliche Gesundheit fördern.
Zudem seien auch Ökosysteme klimaempfindlich. Bereits heute könne man eine Dämpfung der CO2-Speicherkapazität beobachten, berichtet Pörtner. Wird der Boreale Wald durch Hitzewellen und steigende Temperaturen geschädigt, könne er nicht mehr so viel CO2 Speichern wie bisher. "Sodass man einfach nicht mehr sagen kann: Ich habe da eine Schublade, da kann ich das CO2 hineinstecken, sondern ich muss diese Schublade auch schützen und pflegen und sehen, dass diese Vegetationen in einem Klima existieren können, in dem sie auch gut funktionieren."

Noch gebe es Handlungsspielraum, sagt Hans-Otto Pörtner. Auch wenn langsam klar sei, dass die Politik große Hebel bedienen müsse, um in vielen Sektoren gleichzeitig etwas zu bewegen. Eine CO2-Steuer könnte solch ein Hebel sein. Hierbei dürfe aber die soziale Frage nicht vergessen werden. Ein sozialer Ausgleich müsse miteinkalkuliert und auch klar kommuniziert werden. Nur dann könnten die Bürgerinnen und Bürger den gesellschaftlichen Wandel auch mittragen.

Ein Wandel, der in seinem Ausmaß, erst in Ansätzen sichtbar sei, jedoch innerhalb der kommenden Jahre stattfinden müsste, sagt der Klimaforscher. "Das Zeitfenster für eine klimaresiliente Welt schließt sich." Bis zum Ende dieses Jahrzehnts müssten deutliche Emissionsreduktionen erreicht werden.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3211400/
(abgerufen am 11.02.2022)