Digitale Orangen


Mit digitalen Zwillingen von Orangen und anderen Zitrusfrüchten und den Temperaturdaten aus Frachtschiffen will ein Schweizer Forschungsteam Lebensmittelverschwendung verringern. Die Methode ermittelt die idealen Transportbedingungen, damit möglichst wenig Früchte in der Mülltonne landen.

Weggeworfene Lebensmittel sind für mindestens acht Prozent der weltweiten, menschengemachten Treibhausgasemissionen verantwortlich, für 20 Prozent des Süsswasserverbrauchs und für 30 Prozent der landwirtschaftlichen Bodennutzung. In einer im Fachjournal "Nature Food" veröffentlichten Studie stellt ein Team der Schweizer Forschungsinstitution Empa um Thijs Defraeye gemeinsam mit Kollegen der südafrikanischen Universität Stellenbosch einen Weg vor, wie sich Lebensmittelverschwendung entlang der Produktions− und Lieferketten verringern ließe.

Dazu entwickelten sie einen digitalen Zwilling von Zitrusfrüchten, um herauszufinden, wann, warum und in welchem Ausmaß die Qualität der Früchte leidet. Anschließend speisten sie die "Avatare" mit vorhandenen Daten von Temperatursensoren von 47 Frachtschiffen, um den Zustand der Früchte im Zeitverlauf zu ermitteln.

Das Ergebnis: Die Hälfte der Lieferungen lag außerhalb des idealen Kompromissbereichs zwischen Qualitätserhaltung, Abtötung von Fruchtfliegenlarven und Vermeidung von Kälteschäden. Am Ende der rund 30−tägigen Reise seien die verbliebenen Zitrusfrüchte im Haushalt teilweise nur noch wenige Tage haltbar gewesen, so die Empa.

Um die Qualität von frischem Obst zu erhalten, ist es laut den Forschenden nötig, ein sehr enges Fenster an Temperaturbedingungen einzuhalten. So hoffen sie, dass Unternehmen die virtuellen Früchte einst in ihre Prozesse einbinden können. Zwar seien bis dahin noch weitere Entwicklungen nötig, aber immerhin die Temperaturdaten wären bereits vorhanden: "Jeder Container auf der Welt ist mittlerweile mit einem oder mehreren Temperatursensoren ausgestattet", sagt Defraeye. Die Messwerte blieben bisher einfach ungenutzt.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3213434/
(abgerufen am 07.06.2022)