Hoher Preis


Die Kakaopreise haben sich in den vergangenen zwölf Monaten infolge von Pflanzenkrankheiten in Westafrika verdreifacht und am Mittwoch ein neues Allzeithoch erreicht. Auch andere Rohstoffe haben sich durch klimabedingte Ausfälle stark verteuert − etwa Olivenöl und Orangen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Klimakrise die Inflation anheizt. Auch wenn die Lebensmittelsicherheit in Europa nicht unmittelbar bedroht scheint, spielt man in der EU in einem EU−Stresstest mögliche Szenarien durch.

Steigenden Temperaturen auf der Erde könnten die Lebensmittelinflation um bis zu 3,2 Prozentpunkte jährlich erhöhen, so eine Studie des Potsdam−Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Gesamtinflation könnte damit um bis zu 1,18 Prozentpunkte jährlich bis 2035 steigen.

Der Effekt gelte gleichermaßen für reichere und ärmere Länder, was den Klimawandel "zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor für die Preisstabilität" mache, heißt es in dem Beitrag, der in der Fachzeitschrift "Communications Earth & Environment" veröffentlicht wurde. Die Forschenden untersuchten dabei, wie sich hohe Temperaturen und extreme Wetterereignisse in der Vergangenheit auf die Preisentwicklung auswirkten.

Dabei sei etwa deutlich geworden, dass der europäische Hitzesommer von 2022 die Lebensmittelinflation in Europa um etwa 0,6 Prozent erhöht hatte. "Die für 2035 prognostizierte künftige Erwärmung würde die Auswirkungen solcher Extreme um 50 Prozent verstärken", erklärte dazu PIK−Forscher und Studienautor Maximilian Kotz.

Wie das "Handelsblatt" berichtete, trafen sich im Februar 60 Expertinnen und Experten aus Industrie und Forschung mit EU− und Regierungsvertreterinnen und −vertretern in Brüssel zu Workshops, in denen mögliche Szenarien durchgespielt wurden. "Wir haben uns auf den Klimawandel konzentriert, weil es absehbar ist, dass er Auswirkungen auf den Nahrungsmittelanbau hat und haben wird," so Piotr Magnuszewski, der wissenschaftliche Leiter des Zentrums für Systemlösungen in Breslau und Mitentwickler der Workshopszenarien gegenüber dem "Handelsblatt".

Europa sei ein Kontinent mit einem sehr hohen Maß an Lebensmittelsicherheit. Tatsächlich rangieren die EU−Länder ausnahmslos im Spitzenfeld des Global Food Security Index − in allen gemessenen Kategorien, von Verfügbarkeit über Qualität bis zum Preis. Wetterextreme, die durch die Klimakrise häufiger auftreten, gleichzeitig heftiger und länger ausfallen, hätten schwerwiegende Folgen für die Landwirtschaft und könnten auch in der EU zu ernsthaften Lebensmittelengpässen führen, so Magnuszewski.

Besonders anfällig sind Expertinnen und Experten zufolge Monokulturen − also Flächen, auf denen über Jahre dieselben Pflanzen angebaut werden. Wetterextreme, Infektionen und Schädlinge haben dort leichtes Spiel und können große Teile der Ernten zerstören. Der Preis für Kakao ist zuletzt vor allem deshalb so stark gestiegen, weil das Angebot in den Anbauländern immer knapper wird. 60 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion entfallen auf die Elfenbeinküste und Ghana.

Längere Regenperioden führen auch zur Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten wie CSSV (Cacao−swollen−shoot−Virus). Das Virus, das von Blattläusen verbreitet wird, führt zum Absterben der Kakaobäume. In Ghana sind laut Kerstin Weber, Umweltwissenschaftlerin beim WWF, bereits 17 Prozent aller Anbauflächen betroffen, auch auf die Elfenbeinküste greife das CSSV über. Da Kakaobäume nicht resistent seien, bestehe die einzig wirksame Behandlung darin, infizierte Bäume zu fällen und neue zu pflanzen, so Weber.

Wegen schlechter Ernten, einer grassierenden Pflanzenkrankheit und Hurrikans wurde zuletzt auch Orangensaft knapp und teurer. Auch Kaffeebauern litten weltweit unter heftigen Einbußen und den Folgen des Klimawandels. Studien zufolge könnte bis 2050 die Hälfte der weltweiten Anbauflächen für Kaffee bedroht sein.

In Europa deutlich zu spüren sind die Auswirkungen der Klimakrise auf die Olivenölproduktion und dementsprechend auch auf die Preise. Die extremen Wetterphänomene im Mittelmeer−Raum haben 2023 im zweiten Jahr in Folge die Welternte fast um die Hälfte reduziert. Auch die Qualität habe sich deutlich verschlechtert, so die deutsche Stiftung Warentest: "Zum ersten Mal haben wir den Eindruck, dass sich die Klimakrise in einem Lebensmitteltest niederschlägt", erklärte Jochen Wettach von der Stiftung Warentest. Ein "stichig−schlammiger" Eindruck, der bei Ölen der Güteklasse nativ extra nicht auftreten dürfe, sei typisch für Früchte, die vor dem Pressen zu lange und zu warm gelagert wurden und angegoren sind.

Quelle:
https://orf.at/stories/3352807/
(abgerufen am 28.03.2024)