Sinkende Einkommen


Die Wirtschaft und damit die Einkommen in fast allen Ländern der Welt drohen bis Mitte des Jahrhunderts aufgrund der Erderwärmung stark zu schrumpfen. Das zeigen neue Berechnungen des Potsdam−Instituts für Klimafolgenforschung. Für Österreich wird ein Einkommensverlust um durchschnittlich zwölf Prozent prognostiziert.

Sogar wenn der Ausstoß klimaschädlicher Gase jetzt drastisch gesenkt werde, ließen sich diese Auswirkungen nicht aufhalten, so die Autorinnen und Autoren der Studie, die im Fachjournal "Nature" veröffentlicht wurde. Die erwarteten Schäden seien bereits die Folgen bisheriger Emissionen von Treibhausgasen.

Insgesamt kommt das Team um Leonie Wenz und Maximilian Kotz vom Potsdam−Institut für Klimafolgenforschung (PIK) auf eine weltweite Einkommensreduktion von 38 Billionen Dollar (rund 35 Billionen Euro) im Jahr 2049 im Vergleich zu einer Welt ohne weiteren Klimawandel. Das bedeutet einen wirtschaftlichen Rückgang um rund ein Fünftel. Was aber heißt das konkret für Österreich?

Hier kommt das Forschungsteam des PIK in Wien und im Burgenland auf die höchsten Einkommensrückgänge: In beiden Bundesländern beträgt das Minus 15,7 Prozent. Es folgen Niederösterreich mit minus 14,7 Prozent, Oberösterreich (minus 13,9 Prozent) und die Steiermark (minus 11,9 Prozent). Jeweils knapp unter der Zehnprozentmarke bleiben Kärnten (minus 9,97 Prozent), Vorarlberg (minus 9,6 Prozent), Salzburg, (minus 9,2 Prozent) und Tirol (minus 8,2 Prozent).

Dass man im Osten des Landes mit einem stärkeren wirtschaftlichen Rückgang rechnen muss, liege laut PIK an der zu erwartenden zunehmenden Erhitzung der flacheren Regionen. Hier ist es im Mittel bereits jetzt deutlich wärmer. Ein zusätzlicher Temperaturanstieg könne sich in der Folge auf Wirtschaftsfaktoren wie Ernteerträge und Arbeitsproduktivität überproportional stark auswirken, erklärt das Wissenschaftsteam.

Ähnliches gelte zum Beispiel auch für große Teile der Schweiz und die Alpenregionen Norditaliens, während der Rest Mitteleuropas fast durchwegs höhere Einbußen ähnlich dem Osten Österreichs erleiden werde, so die Erwartung der Studienautorinnen und −autoren.

Für ihre Analysen werteten die Forscherinnen und Forscher Daten der vergangenen 40 Jahre aus mehr als 1.600 Regionen aus. Sie sahen sich an, welche Auswirkungen etwa regionale Extremwetterereignisse auf das Wirtschaftswachstum in einer Region hatten oder ob und wie sehr sich schon bisherige Wetter− und Klimaveränderungen in den Wirtschaftsdaten niedergeschlagen haben. Ausgehend von diesen Ergebnissen errechneten sie dann auf Basis der aktuell am häufigsten verwendeten Klimamodelle, wie sich Klimaerwärmung und Wetterextreme voraussichtlich in den kommenden 26 Jahren wirtschaftlich auswirken werden.

"Für die meisten Regionen, darunter Nordamerika und Europa, werden hohe Einkommensverluste prognostiziert, wobei Südasien und Afrika am stärksten betroffen sind", so Kotz. "Diese Verluste werden durch unterschiedlichste wirtschaftsrelevante Wirkungen des Klimawandels verursacht, wie zum Beispiel Folgen für landwirtschaftliche Erträge, Arbeitsproduktivität und Infrastruktur." Haupttreiber sind − wenig überraschend − die höheren Durchschnittstemperaturen bzw. der regionale Temperaturzuwachs sowie die zu erwartenden Temperaturschwankungen und die Veränderungen der Niederschlagsmengen.

Sinkende Einkommen 01

Schäden durch Stürme und Waldbrände sind nicht eingerechnet. Sie könnten die Höhe der Schäden weiter erhöhen, sagen die Forschenden und betonen, dass es die ärmsten und am wenigsten für die Erderwärmung verantwortlichen Länder, in denen es bereits jetzt recht heiß sei, am stärksten treffen werde.

Die Studie weist ein Einkommensminus für die gesamte Südhalbkugel aus. Insbesondere in Regionen nahe dem Äquator, im arabischen Raum, in Teilen Süd− und Südostasiens, aber auch auf der Iberischen Halbinsel werde die negative Entwicklung deutlich spürbar sein. In diesen Gebieten rechnen die Autorinnen und Autoren mit einem wirtschaftlichen Rückgang von rund 30 Prozent gegenüber dem Szenario ohne weitere Treibhausgasemissionen.

Insgesamt zeige die Studie, "dass der Klimawandel innerhalb der nächsten 25 Jahre in fast allen Ländern der Welt massive wirtschaftliche Schäden verursachen wird, auch in Ländern wie Deutschland, Frankreich und den Vereinigten Staaten. Diese Schäden innerhalb der nächsten Jahre sind eine Folge unserer bisherigen Emissionen", so Wenz.

Es brauche daher auf jeden Fall mehr Anpassungsmaßnahmen. "Zusätzlich müssen wir unsere CO2−Emissionen drastisch und sofort reduzieren − andernfalls werden die wirtschaftlichen Verluste in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch höher sein und bis Ende des Jahrhunderts im globalen Durchschnitt bis zu 60 Prozent betragen."

Schon jetzt fielen die durch steigende Temperaturen und Wetterextreme verursachten Schäden sechsmal höher aus als die veranschlagten Kosten für Klimaschutzmaßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung auf maximal zwei Grad, schreiben die Autorinnen und Autoren. "Es kostet uns viel weniger, das Klima zu schützen, als dies nicht zu tun", sagt Studienleiterin Leonie Wenz.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3224629/
(abgerufen am 18.04.2024)