Nadelöhr


Zuletzt sind die Schiffsdurchfahrten im Panamakanal, einer der wichtigsten Abkürzungen im weltweiten Schiffsverkehr, stark eingeschränkt worden. Das führte zu erheblichen Rückstaus − 160 Schiffe warteten zwischenzeitlich auf ihre Durchfahrt. Grund dafür ist der niedrige Wasserpegel wegen der anhaltenden Trockenheit, die derzeit in der zentralamerikanischen Region herrscht. Da der erhoffte Regen noch länger ausbleiben soll, sollen nun auch die Einschränkungen um weitere zehn Monate verlängert werden.

Seit Ende Juli ist die Anzahl der täglich zugelassenen Schiffe von 40 auf 32 gesunken, zwischenzeitlich wurde die Maßnahme bis Anfang September verlängert. Da der Regen aber nach wie vor ausbleibt und derzeit kein Ende der Trockenheit in Sicht ist, plane man nun, "diese Maßnahmen für mindestens zehn Monate zu verlängern", sagte die stellvertretende Leiterin der zuständigen Behörde Panama Canal Authority (ACP), Ilya Espino, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Die Ankündigung soll es den Schifffahrtsunternehmen ermöglichen, ihre Fahrten künftig besser zu planen. Die Einschränkungen hatten bisher spektakuläre Folgen: Staus von Schiffen, die auf beiden Seiten des Kanals auf eine Durchfahrt warteten. Zu einem Zeitpunkt waren es offiziellen Angaben zufolge rund 160 Schiffe, die in den Gewässern ausharrten. Am Freitag waren es noch 126, knapp 40 Prozent mehr als in normalen Zeiten, wie die Kanalbehörde mitteilte.



Reedereien und Experten warnten davor, dass es weitreichende Konsequenzen hätte, wenn der Kanal längerfristig weniger befahrbar ist. Preise für Konsumgüter könnten steigen, da Verspätungen und zusätzliche Gebühren die Transportkosten erhöhen. Hinzu kommt, dass der maximale Tiefgang, mit dem Schiffe den Kanal passieren dürfen, auf kaum mehr als 13 Meter beschränkt wurde.

Wenn die Schiffe weniger tief im Wasser liegen, können sie jeweils deutlich weniger Ladung transportieren. Unter normalen Umständen können die Tanker und Frachter mit einem Tiefgang von mehr als 15 Metern die Durchfahrt passieren. Derzeit führt die Verringerung des Tiefgangs und die dafür nötige geringere Ladekapazität der einzelnen Schiffe aber zu geringeren Einnahmen, die Panama durch die Zahlung von Mautgebühren der Schiffe erzielt.

Der Panamakanal ist eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Er ist 82 Kilometer lang und verbindet in Mittelamerika den Atlantik mit dem Pazifik. Der Kanal beginnt in Colon im Norden und endet nahe der Stadt Panama im Süden. Über zwölf Schleusen werden die Schiffe 26 Meter über den Meeresspiegel angehoben und später wieder abgesenkt.



Dabei passieren Container− und Kreuzfahrtschiffe den Kanal in der Regel mit langer Vorlaufzeit. Bei Massengutfrachtern, also solchen, die beispielsweise Kohle transportieren, erfolgen solche Buchungen eher spontan und mit kurzer Vorankündigung. Und genau hier waren Espino zufolge die Auswirkungen in diesem Monat am stärksten, da es teilweise nicht möglich war, eine Vorausbuchung zu erhalten und man sich daher in die Warteschlange einreihen musste.

Die Wartezeit stieg von teilweise drei bis fünf Tagen auf zuletzt 19 Tage an. Um die angestaute Schiffsmenge etwas zu entlasten, öffnete die ACP zuletzt zwei zusätzliche Schleusen für Schiffe, die keine Buchung für den Kanal abgeschlossen hatten. Damit konnte die Wartezeit wieder auf elf Tage gesenkt werden. "Wir bewältigen problemlos eine Warteschlange von 90 Schiffen", aber "130 oder 140 Schiffe bereiten uns Probleme und führen zu Verzögerungen", so Espino.

Doch die Probleme werden aufgrund des ausbleibenden Regens weiter anhalten. Regenwasser sei derzeit unerlässlich, um die Schiffe in den Schleusen zu bewegen, für jedes Schiff müssen etwa 200 Mio. Liter Süßwasser eingeleitet werden. Das dafür nötige Wasser kommt von mehreren Seen − allen voran aus dem Gatunsee und dem Alajuelasee, die beide durch Staudämme künstlich angelegt wurden, um den Wasserverlust durch das Anheben und Absenken der Schiffe im Kanal auszugleichen.



Als Teil des weltweiten Wetterphänomens "El Nino" hat der Kanal in den vergangenen sechs Monaten laut Kanalbehörde eine Trockenzeit mit hoher Verdunstung erlebt, zugleich sind die Pegel der künstlichen Seen wegen der ausbleibenden Regenfälle gesunken. In Panama kommt es typischerweise im Juli zu heftigen Regenfällen. Den aktuellen Niederschlagsmangel bezeichnete ACP als "historisch beispiellos". Der Panamakanal wurde am 15. August 1914 eröffnet. Bis zum 31. Dezember 1999 hatten die USA die Hoheit über ihn. Nach der Rückgabe an Panama wurden der Kanal und seine Schleusen immer wieder an den Bedarf der Schifffahrt angepasst. Seit dem letzten, im Jahr 2016 fertiggestellten Ausbau, können fast 400 Meter lange und 50 Meter breite Tanker und Frachter mit bis zu 14.000 Containern die Strecke befahren. Bei 14.239 Schiffsdurchfahrten im vergangenen Jahr wurden fast 300 Millionen Tonnen an Gütern über die Wasserstraße transportiert, das sind etwa sechs Prozent des Welthandels. Über 40 Prozent der Container, die von Nordostasien zur Ostküste der USA verschifft werden, passieren normalerweise den Kanal.

Quelle:
https://orf.at/stories/3328768/
(abgerufen am 26.08.2023)