Sommer im Herbst


Wenig Obst, dürre Bäume ohne Blätter und das Fehlen der Herbstverfärbung des Laubes: Auch in der Natur bemerkt man bereits die Auswirkungen des warmen Herbstes, der sich anfühlt wie ein Sommer. Allerdings ist das nicht nur auf die hohen Temperaturen zurückzuführen. Es gibt noch andere Faktoren, die die Zyklen der Pflanzenwelt durcheinanderbringen. Nussbäume, die heuer ihr Laub schon früh abgeworfen haben, dürre Apfelbäume, wenige Früchte: All das sei weniger auf den warmen Herbst zurückzuführen, vielmehr auf den eher kühlen Frühling, sagt Hubert Hasenauer, Leiter des Instituts für Waldbau an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien. Denn heuer waren der April und Mai eher kalt, doch genau in diesen Monaten findet die Hauptbestäubung für das Obst statt. Daher seien die Erntemengen bei Obst heuer relativ gering.

Im Sommer habe es immer wieder geregnet, das habe sich positiv auf die Bäume ausgewirkt. Gibt es nun im Herbst längere Trockenperioden, würde das den Bäumen nicht allzu viel ausmachen, so der Waldexperte. Denn die Bäume benötigten Wasser vor allem im Frühjahr und im Sommer während ihrer Wachstumsperiode.

In einigen Regionen kann man allerdings sehr wohl Stress durch Trockenheit feststellen, der einzelnen Baumarten zunehmend zusetzt, etwa im Wienerwald. Auch diese Frage muss man genau betrachten: Buchen etwa benötigen mehr und kontinuierliche Niederschläge. In den vergangenen zwei Jahren seien diese etwas zurückgegangen. Hält dieser Rückgang über längere Zeit an, könne auch die Buche unter Druck kommen. Die Eiche hingegen, die vor allem in tieferen Lagen zu finden ist, kommt mit Trockenheit besser zurecht.

Insgesamt beobachtet man eine Veränderung der Niederschlagsmuster in Österreich: weniger Schnee im Gebirge, dafür mehr Regen. Das führt zu höheren Abflüssen. Außerdem stellt man eine gewisse Verlagerung der Niederschläge fest: vom Frühjahr, das eigentlich die Hauptwachstumsperiode darstellt, in den Herbst. Die Feuchtigkeit benötigen die Pflanzen aber vor allem dann, wenn sie wachsen − also im Frühjahr.

Hält diese Tendenz langfristig an, dass sich die Niederschläge aus dem Frühjahr weiter nach hinten verlagern, würde das die Wachstumsperiode der Bäume enorm stören: Genau das beobachte man derzeit mit großer Sorge, sagt Hasenauer.

Entscheidend für heuer wird sein, wie der Winter verläuft: ob es wirklich kühl wird, damit der Baum nicht während des Winters das Signal bekommt zu wachsen − und dann vorzeitig austreibt. Wenn dann ein Kälteeinbruch kommt, entstehen Frostschäden.

Der nächste wichtige Faktor wird sein, ob es im nächsten Frühjahr genug regnet. Die Bäume sind zwar relativ robust − aber sie sind auch sehr gut an den jahreszeitlichen Rhythmus angepasst. Wird dieser gestört, kommen auch sie aus dem Gleichgewicht.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3221542/
(abgerufen am 07.10.2023)