Grundwasserpolster


Im letzten Jahr waren die Grundwasserstände so tief wie noch nie. Die Niederschläge zu Jahresbeginn brachten vielerorts Entspannung, Fachleute zeigen sich vorsichtig optimistisch. Dennoch sei Achtsamkeit geboten, waren sich die Trinkwasserversorger beim Symposium Wasserversorgung am Montag und Dienstag einig.

"Wir starten wesentlich besser in 2024 als vergangenes Jahr", zeigte sich Land− und Wasserwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) beim Branchentreffen der Österreichischen Vereinigung für das Gas− und Wasserfach (ÖVGW) optimistisch. Die Phasen der Trockenheit habe man letztes Jahr gut gemeistert, es habe keine großflächigen Probleme in der Wasserversorgung gegeben. Dennoch müsse man vorsichtig bleiben.

Ein wesentlicher Faktor für die künftige Sicherstellung der Versorgung sei auch die Bewusstseinsbildung, so Monika Mörth, Leiterin der Sektion Wasserwirtschaft. Der Trinkwassersicherungsplan sieht daher etwa Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung vor − insbesondere an Schulen. Aber auch die Datengrundlage soll verbessert werden. "Auch das Zusammenspiel zwischen hydrografischen Diensten und der GeoSphere Austria wird intensiviert", so Mörth.

Aktuelle Daten des Hydrografischen Dienstes zeigen: Rund zwei Drittel aller Grundwasserkörper befinden sich derzeit auf einem hohen oder sehr hohen Niveau, etwa zehn Prozent der Grundwasserstände sind niedrig oder sehr niedrig. Nach den vergangenen sehr trockenen Jahren sei das eine positive Entwicklung, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium.

Grund für die steigenden Grundwasserspiegel sind die anhaltenden Niederschläge zu Jahresbeginn. Doch nicht überall erholen sich die ausgetrockneten Grundwasserkörper gleich schnell. Besonders im regenarmen Osten verzeichnet der Hydrografische Dienst nach wie vor niedrige Wasserstände. "Das hängt damit zusammen, dass die Grundwasserneubildung ein komplexer Prozess ist", erklärt Gerhard Schubert von der GeoSphere Austria.

"Die Verweilzeit des Grundwassers, also die Zeit zwischen dem Niederschlagsereignis und dem Erreichen des Grundwasserspiegels, beträgt manchmal einige Jahre", so der Leiter der GeoSpere−Abteilung für Hydrogeologie. Seichte Grundwasserkörper erholten sich schneller als jene, die tiefer unter der Erdoberfläche liegen. Einen steuernden Faktor stelle dabei auch der geologische Untergrund dar, also wie gut das Wasser im jeweiligen Boden versickern kann.

Grundwasserpolster 01

Eine weitere wichtige Rolle spielt auch, zu welcher Jahreszeit die Niederschläge fallen. "Im Winter ist der Boden nach der Schneeschmelze durchfeuchtet, und die Pflanzen brauchen noch kaum Wasser", erklärte Alfred Blaschke vom Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie an der Technischen Universität (TU) Wien. Die Niederschläge können in den Boden sickern − sofern dieser nicht gefroren ist −, und es kommt zur Grundwasserneubildung, bis es am Ende des Frühjahrs seinen Höchststand erreicht.

"Über den Sommer wird das Grundwasser durch den Wasserbedarf der Pflanzen und eine höhere Verdunstung wieder verbraucht." Hier werde der Klimawandel spürbar: "Man sieht auch schon in den Messdaten und in der Wasserbilanz, dass die Verdunstung durch die höheren Temperaturen stark zugenommen hat", so der Universitätsprofessor im Gespräch mit ORF.at.

In den letzten Jahren sind besonders im Osten und Süden Österreichs die wichtigen Winterniederschläge ausgeblieben. So kam es im vergangenen Jahr in einigen Gemeinden zu Wasserengpässen, Gemeindevertreter riefen dazu auf, Pools etwa nur in der Nacht oder gar nicht zu befüllen. In Kärnten mussten Bergbauern von den Feuerwehren mit Wasser versorgt werden.

Für heuer zeigen sich die Fachleute vorsichtig optimistisch. Es baue sich durch den milden Winter und die erhöhten Niederschläge − insbesondere durch wichtigen länger andauernden ´Landregen´ − ein Polster auf, so Blaschke. Trotzdem sei es schwierig, einen Ausblick zu geben, denn besonders in kritischen, niederschlagsarmen Gebieten sei die Grundwasserentwicklung von der weiteren Wetterentwicklung im Frühjahr abhängig und daher schwer einzuschätzen.

Auch Expertinnen und Experten vom deutschen Helmholtz−Zentrum für Umweltforschung (UFZ) prognostizieren für dieses Jahr eine geringere Dürregefahr als in den Vorjahren. Dennoch könne die gesamte Bodenwasser− und Grundwassersituation im Moment nicht als gut bezeichnet werden, sowohl Dürre− als auch Starkregenereignisse führten zu erheblichen Folgeschäden bei vielen Nutzungen.

Auch langfristig sei unklar, wie sich die Situation entwickeln wird, so Blaschke. "Es wird selbst mit einem guten heurigen Jahr nicht getan sein, eine langfristig zufriedenstellende Grundwassersituation zu erhalten." Der Hydrologe sieht dabei das regionale Wassermanagement gefordert. "In den Regionen, wo es einen geringen Niederschlag gibt, muss das Wasser zurückgehalten und die Nutzungsansprüche einem regionalen Wassermanagement untergeordnet werden."

Vergangene Woche kritisierte der Rechnungshof (RH) die Wasserwirtschaft in Niederösterreich, das Teile der trockensten Gebiete Österreichs umfasst. Während das Grundwasser sinke, steige der Wasserbedarf, so die Prognose. "Um eine Übernutzung des Grundwassers zu verhindern, könnten Eingriffe in bestehende Wassernutzungsrechte erforderlich werden", heißt es im Bericht.

Dem Land Niederösterreich fehle ein Überblick über die bewilligten und tatsächlichen Wasserentnahmen. Der RH empfiehlt deshalb, das Wasserbuch zu vervollständigen sowie Auswertung zu automatisieren. Außerdem solle das Landwirtschaftsministerium ein digitales Melderegister für tatsächliche Wasserentnahmen errichten.

Auch die Trinkwasserversorger betonten die regional teils unterschiedlichen Situationen, wichtig sei daher die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Wasserversorgern. "Den Trinkwassersicherungsplan gilt es nun, gemeinsam umzusetzen", so Wolfgang Nöstlinger, ÖVGW−Präsident beim Symposium Wasserversorgung.

Quelle:
https://orf.at/stories/3345276/
(abgerufen am 18.01.2024)