Neues Handbuch


Städte sind von der Klimaerwärmung besonders betroffen, warnt das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP): Bis zum Ende des Jahrhunderts werden sie sich mehr als doppelt so stark aufheizen wie der Planet im Durchschnitt. Ein neues UNEP-Handbuch zur Städteplanung soll helfen, urbane Hitzeinseln zu mindern und zu vermeiden.

Städte könnten bis zum Ende des Jahrhunderts durchschnittlich um bis zu 4,4 Grad Celsius wärmer werden, warnt UNEP. Fortschreitende Urbanisierung und stetig wachsende Städte werden das Problem urbaner Hitzeinseln vergrößern, mit "katastrophalen Folgen" für Gesundheit, Klima, Infrastruktur und Wirtschaft. Besonders betroffen seien Städte des Globalen Südens und einkommensschwache Stadtteile in wohlhabenden Ländern: In ihnen werden die meisten der 1,6 Milliarden Menschen wohnen, die nach Zahlen von UNEP bis 2050 mit durchschnittlichen Sommertemperaturen jenseits der 35 Grad zu kämpfen haben werden.

Ohne gezielte Maßnahmen und Markteingriffe werde das in einen Teufelskreis führen: Steigende Kaufkraft im Süden und wachsender Wohlstand der Mittelschichten lasse die Nachfrage für günstige Klimageräte steigen, diese meist ineffizienten Einsteigergeräte treiben mit ihrer Abwärme jedoch die Erhitzung der Städte weiter an − was wiederum zu noch größerem Kühlbedarf führt, zu steigendem Energieverbrauch und mehr Emissionen.

Handbuch 01

UNEP geht davon aus, dass sich der Energiebedarf für Kühlung bis 2050 mindestens verdreifachen wird. Den Stromnetzen, die bereits jetzt an ihre Belastungsgrenzen gefahren werden, drohen häufigere und längere Blackouts.

Auch Gesundheit und Wirtschaft leiden unter immer heißeren Städten. Die Internationale Arbeitsorganisation der UNO (ILO) geht davon aus, dass hitzebedingt geringere physische Arbeitskapazität und somit verminderte Produktivität weltweit zu einem Verlust von 80 Millionen Vollzeitjobs führen wird − und zwar schon bis 2030.

In anderen Zahlen: Der wirtschaftliche Verlust entspreche 2,3 Billionen US-Dollar. Den Großteil davon wird auch hier der Globale Süden tragen müssen, vor allem Städte in Westafrika und Südasien werden besonders betroffen sein und rund fünf Prozent der Arbeitsstunden an die Hitze verlieren.

Die Entwicklung nachhaltiger Kühlung in Städten und urbanen Zentren sei daher dringend geboten, so UNEP. Das neue Handbuch des UNO-Umweltprogramms soll Stadtverwaltungen "detaillierte Orientierungshilfen" bei der Umsetzung von Kühlungsmaßnahmen bieten.

Handbuch 02

Betont wird darin die Notwendigkeit umfassender strategischer Ansätze ("whole-system approach"), die grundlegende Städteplanung und Flächenwidmung ebenso einschließen wie die Gestaltung neuer Gebäude und die Förderung möglichst effizienter und emissionsarmer Kühlung in einzelnen Einheiten.

In zwölf Kapiteln und auf rund 200 Seiten werden Maßnahmen wie Grünkorridore, hitzeabweisende Infrastruktur und Fernkältesysteme ebenso behandelt wie Lösungen des ungleichen Zugangs zu Kühlung und die Finanzierung der Projekte. Dass es sich dabei nicht um theoretische Überlegungen handelt, sollen Fallbeispiele aus (fast) der ganzen Welt zeigen; auffallend ist hier die Abwesenheit afrikanischer Städte.

Städte können von den vorgeschlagenen Strategien nur profitieren, resümieren die Verfasser: Neben höherer Lebensqualität, besserer Gesundheit und höherer Produktivität in den Städten, verstärkten solche lokalen Initiativen auch die globalen Anstrengungen in der Bekämpfung des Klimawandels.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3209609/
(abgerufen am 07.11.2021)