Seltene Erden aus Müll


Forscher haben eine Methode entwickelt, mit der sie Seltene Erden und Metalle energieeffizient aus Industriemüll und Elektroschrott gewinnen können. Die wertvollen Materialien anschließend zu recyclen sei nicht nur gut für die Wirtschaft, sondern vor allem auch für die Umwelt.

Seltene Erden und Metalle wie Terbium, Europium und Dysprosium sind essenziell für Smartphones, Computer und viele andere moderne Geräte. Ihr Abbau ist teuer − sie können nur unter großem Aufwand und zum Teil dem Einsatz starker Säuren aus dem jeweiligen Erz extrahiert werden. Der Abbau ist auch schlecht für die Umwelt − laut einem US-Forscherteam betrug der dadurch im Jahr 2015 entstandene Schaden weltweit über 13 Milliarden Euro.

Das Team um den Postdoktoranden Bing Deng von der Rice Universität in Texas hat nun eine Methode entwickelt, die eine energieeffiziente Alternative zum Abbau der Erden darstellen könnte. Das Ergebnis ihrer Untersuchung präsentieren die Forscherinnen und Forscher aktuell im Fachjournal "Science Advances".

Die Nachteile der traditionellen Gewinnung von Seltenen Erden liegen laut dem Chemiker James Tour, der auch an der Forschung beteiligt war, auf der Hand. Gegenüber dem ORF erklärt er: "Neben den Problemen für die Umwelt ist auch die Ausbeute nicht besonders groß. In den Erzen sind nur kleine Teile solcher Erden enthalten."

Anders sehe das jedoch in Flugasche, Elektroschrott oder Industriemüll aus. "In diesen Materialien ist der prozentuale Anteil seltener Erden größer als in den Erzen. Unsere Methode ermöglicht es nun, dass wir darauf effizient zugreifen können", so Tour.

Bei dem als "Flash-Joule-Heating" (dt. "Blitz-Joule-Erhitzung") bezeichneten Prozess wird Industriemüll, Flugasche oder Elektroschrott in eine Röhre gefüllt und durch einen kurzen, heftigen Stromstoß bis auf mehr als 3.000 Grad Celsius erhitzt. Organische Bestandteile verbrennen, toxische Metalle verdampfen und können vom restlichen Material getrennt werden.

Nach der Erhitzung wird die Röhre stark abgekühlt, wodurch die übrigen anorganischen Bestandteile wegbrechen und die Seltenen Erden freilegen. In weiterer Folge werden noch schwache Säuren eingesetzt, um die Erden endgültig zu gewinnen. Ohne den Prozess des Erhitzens und des sofortigen Abkühlens ist die Ausbeute an Seltenen Erden aus zum Beispiel Flugasche, einem Nebenprodukt der Kohleverbrennung, rund 200 Prozent geringer, wie das Team in der Studie aufzeigt.

Auch bei der neuen Methode kommt Säure zum Einsatz, Tour erklärt aber: "Wir nutzen viel schwächere Säuren als beim traditionellen Abbau der Erden aus Erz − es wird auch weniger davon benötigt." Natürliche Vorkommen der Seltenen Erden seien außerdem begrenzt und durch den bisherigen Abbau immer schwerer zu erreichen, da sie oft sehr tief liegen. Die Erden aus dem Müll wieder zu verwenden sei daher laut Tour eine geeignete Möglichkeit, die Natur nicht noch weiter durch den Abbau zu belasten.

Auch wirtschaftlich würde sich ein weltweiter Einsatz des "Flash-Joule-Heatings" zur Gewinnung von Seltenen Erden lohnen, so Tour. Er erklärt: "Der Abbau von den Erzen kostet sehr viel Geld. Um eine Tonne Flugasche mit unserer Methode zu behandeln, kostet der dafür benötigte Strom hingegen nur circa zwölf US-Dollar." Außerdem bekämen so auch Dinge, die sonst nicht mehr genutzt werden können, wie etwa weggeworfene Elektroartikel oder Flugasche, von der jedes Jahr weltweit rund 750 Millionen Tonnen anfallen, neuen Wert.

Durch den geringen Energiebedarf sei die Methode des Forscherteams leicht skalierbar und habe das Potenzial, dass sie in Zukunft in großem Stil angewendet wird. Tour erklärt: "Wir haben aufgezeigt, dass die Methode funktioniert, jetzt muss sie aber von Unternehmen aufgegriffen und entwickelt werden."

Der Chemiker sei daher auch sehr daran interessiert, sich mit Experten auf dem Gebiet über die Methode auszutauschen. Bis Seltene Erden aber tatsächlich in der Industrie mittels "Flash-Joule-Heating" aus Elektroschrott, Industriemüll und Flugasche extrahiert werden können, dauere es laut dem Chemiker noch mindestens vier bis fünf Jahre.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3211381/
(abgerufen am 11.02.2022)