Erholung am Bach


Derzeit fließen die Wienerwaldbäche unterirdisch durch Wien. Freie Fließstrecken hätten jedoch großes Potenzial. Sie wären städtischer Naherholungsraum, ihre Begrünung würde Schatten spenden und ihr Wasser könnte zur Bewässerung verwendet werden. Im Rahmen eines Projekts wird untersucht, welchen Bach man reaktivieren könnte.

Wiener Straßennamen wie Alszeile oder Krottenbachstraße erinnern noch an die Wienerwaldbäche, die hier einst flossen und mittlerweile unterirdisch geführt werden. Sichtbar sind die Bäche nur mehr am Stadtrand, dann verschwinden sie im Kanalsystem, sagt Magdalena Holzer von Weatherpark, einem Ingenieurbüro für Meteorologie. Wenn man darauf achte, könne man den früheren Verlauf der Bäche noch an der Stadtmorphologie erkennen; an den breiten Straßenzügen oder den Niveauunterschieden. "Beim tiefen Graben beispielsweise, da floss früher der Ottakringer Bach."

Freie Fließgewässer hätten ein großes Potenzial was die Anpassung an die Klimaerwärmung betrifft, erklärt die Stadtklimatologin. Die Verdunstungskühlung von kleinen Gewässern wie Bächen sei zwar gering, die Begrünung, die mit der Reaktivierung der Bäche mitangelegt wird, könnte die Stadt aber kühlen. Besonders großkronige und vitale Bäume hätten einen großen Einfluss auf die gefühlte Temperatur.

Und nicht zuletzt könnten Flussläufe auch Frischluft in die Stadt bringen: "Wenn sie geografisch und topographisch richtig ausgerichtet sind und tatsächlich Kaltluftproduktionsgebiete mit Siedlungsbereichen verbinden."

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen hat Magdalena Holzer im Projekt ProBACH analysiert, welche Bäche im Nordwesten Wiens man an die Oberfläche holen könnte. Es müssen Bäche sein, die das ganze Jahr über genügend Wasser führen und die in einem Stadtgebiet fließen, das besonders von der Klimaerwärmung betroffen ist. "Das größte Potenzial hat der Alserbach, weil er von den Wasserressourcen am vielversprechendsten ist und der Versiegelungsgrad vom Gürtel stadteinwärts recht hoch und der Anteil an Grün- und Freiflächen gering ist; bei einer hohen Bevölkerungsdichte."

Um den Bach zumindest abschnittsweise hochzuholen, muss das Bachwasser vom restlichen Kanalwasser getrennt werden. In Zürich führe man dafür beispielsweise ein extra Rohr im Kanal, das nur für das saubere Bachwasser genutzt wird, erzählt Magdalena Holzer. Gelingt die Trennung, könnte man das Bachwasser auch nutzen, um die Bäume und Sträucher, die neben dem Bach gepflanzt werden sollen, zu bewässern. Aktuell werde zur Bewässerung von Stadtgrün oft Trinkwasser verwendet. "Durch die Klimakrise werden wir viel mehr Wasser für die Bewässerung brauchen und daher wollen wir auch eine neue Wasserressource, die aktuell nicht zugänglich ist, zugänglich machen."

Von Renaturierung möchte Magdalena Holzer in Bezug auf ProBACH nicht sprechen. Bei der Renaturierung von Flüssen werde das Ökosystem wiederhergestellt. Das könne man im innerstädtischen Bereich nicht leisten. Vielmehr möchte man durch eine offene Fließstrecke, die begrünt wird, einen urbanen und klimafitten Naherholungsraum für die Bewohnerinnen und Bewohner schaffen.

Nach der Potenzialanalyse will man nun in Kooperation mit Studierenden der Universität für Bodenkultur Wien erheben, ob Anwohnerinnen und Anwohner von den Wienerwaldbächen im Untergrund wissen, wie sie offene Fließstrecken einschätzen und ob sie diese Bäche als städtischen Erholungsraum nutzen würden.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3212669/
(abgerufen am 22.04.2022)