Eiszeitliche Reaktion


Einem Forschungsteam der Universität Innsbruck ist es gelungen, die Veränderungen von Ökosystemen im jüngsten Eiszeitalter mit genetischen Daten zu bestimmen. Es liefert damit ein genaues Modell, wie sich die Wechsel zwischen kalten und warmen Phasen auf die eiszeitlichen Steppen in Europa auswirkten.

Vor 120.000 Jahren begann die "letzte Eiszeit". "Die Umwelt reagierte rasch auf das Klima", berichtet der Ökologe Philipp Kirschner. Als die Wälder zurückwichen, entstanden Steppen, und deren Lebewesen vermehrten sich in den meisten Gebieten exponentiell. Nur in den "extrazonalen Steppen" etwa Pannoniens und des Tiroler Oberinntals waren die Ausbreitungsmöglichkeiten für manche Arten beschränkt.

Ein Team um Kirschner und Peter Schönswetter vom Institut für Botanik der Universität Innsbruck untersuchte bei fünf typischen Steppenlebewesen die Veränderungen ihrer Populationen in den eurasischen Steppen von Spanien bis Kasachstan. Die Studie wurde nun im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlicht.

Eiszeitliche Reaktion 01

"In den vom Großklima bedingten zonalen Steppen expandierten die Populationen aller fünf Steppenarten in den Kaltzeiten stark", so Kirschner. "Da Steppen während der Kaltzeiten weite Teile Europas bedeckten, war das zu erwarten, konnte aber noch nie anhand genetischer Daten modelliert werden". Mit zunehmender Kälte vor rund 90.000 bis 60.000 Jahren setzte dort schließlich exponentielles Wachstum der Steppenpflanzen- und Tiere ein.

Eiszeitliche Reaktion 02

Es gibt aber auch extrazonale Steppen, die weniger vom Großklima als von lokalen Begebenheiten bestimmt werden, wie zum Beispiel im obersten Tiroler Inntal oder auf den Trockenrasen am Rande der pannonischen Tiefebene. Drei der Steppenarten, nämlich das Haar-Pfriemengras, der Felsgrashüpfer und der Schwarzfleckige Heidegrashüpfer expandierten auch dort. "Die Ameisenart Plagiolepis taurica und die Steppenwolfsmilch blieben dort aber konstant", so Kirschner: "Wir denken, dass die schlechte Ausbreitungsfähigkeiten der beiden Arten und die komplexe Topographie eine starke Expansion verhinderten."

"Die Entwicklung der Lebensräume eurasischer Steppen spiegelt wichtige paläoökologische Wendepunkte des späten Quartärs wider und unterstreicht die Rolle des Klimas als treibende Kraft hinter den Mustern der genetischen Varianz", so Kirschner. Die Studie zeige zudem, wie rasch die Umwelt auf das Klima reagiert.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3212478/
(abgerufen am 09.04.2022)