Staubige Zeiten


Eine dünne Schicht aus Mikroben, Moosen und Algen überzieht die Bodenoberfläche in Trockengebieten Afrikas und Asiens. Sie festigt den Boden und ist weltweit betrachtet ein wichtiger Staubfänger. Laut einer neuen Studie wird die Schicht wegen Klimaerwärmung und Landnutzung künftig stark abnehmen − und dadurch deutlich mehr Staub freigesetzt werden.

Etwa ein Viertel der Trockenlandbodenflächen sind derzeit von den optisch unscheinbaren, biologischen Bodenkrusten, auch Biokrusten genannt, bedeckt. Das entspricht rund einem Achtel der globalen Erdoberfläche. Obwohl sich diese Gemeinschaften nur auf den obersten Millimetern des Bodens befinden, tragen sie wesentlich zum biogeochemischen Nährstoffkreislauf bei.

Außerdem dienen sie als Stickstoff− sowie Kohlenstoffquellen und verbessern den Wasserhaushalt des Bodens und das Pflanzenwachstum, wie ein Team rund um Bettina Weber von der Universität Graz und Emilio Rodriguez−Caballero von der spanischen Universität von Almeria betont. Vor allem erhöhen sie aber auch die Bodenstabilität.

Die größten Gebiete mit biologischen Krusten liegen in Afrika, im Nahen Osten und in Asien, in Australien und im Mittleren Westen der USA. Inwieweit diese Krusten den Kreislauf von atmosphärischem Staub beeinflussen, war bisher noch unbekannt. Das Forscherteam hat das nun im globalen Maßstab modelliert und im Wissenschaftsjournal "Nature Geoscience" veröffentlicht.

Die Forscherinnen und Forscher kombinierten Messdaten zu biologischen Bodenkrusten mit einem globalem Klimamodell, kalkulierten deren aktuelle Bedeutung und simulierten verschiedene Zukunftsszenarien. Sie erkannten, dass Biokrusten die weltweiten Staubemissionen und −ablagerungen stark verringern.

"Wir schätzen, dass alle Vorkommen zusammen die globalen atmosphärischen Staubbelastungen um etwa 60 Prozent reduzieren", so Bettina Weber. Wenn trockene Böden jedoch durch Verlust der Bodenkruste ihre Stabilität verlieren, sind sie ungeschützt der Erosion ausgesetzt, Sand und Wind gelangen dann verstärkt in die Atmosphäre.

Bis 2070 wird laut Studie die Biokrustendecke durch die Klimaerwärmung und die Intensivierung der Landnutzung stark abnehmen, je nach Szenario zwischen 25 und 40 Prozent. Dass dadurch mehr Staub in die Atmosphäre gelangt, hat verschiedene Auswirkungen.

"Einerseits hat der Staub klimatische Effekte, da an den Partikeln Wasser kondensiert oder sich Eiskristalle bilden, was das Niederschlagsgeschehen beeinflusst", erklärt Weber. Außerdem hat er in der unteren Atmosphäre eine kühlende Wirkung, indem er die Sonneneinstrahlung vermindert.

Andererseits transportiert Staub auch Nährstoffe, die, wenn sie weggeblasen werden, fehlen und im Zielgebiet eine düngende Wirkung haben können. In besonders kargen Gegenden kann der Nährstoffeintrag aber auch Schaden anrichten, weil hierdurch die ursprüngliche Vegetation verdrängt wird. Mit Sand werden außerdem Mikroorganismen verfrachtet, die neu gebildete und bestehende Lebensräume besiedeln. "Dabei können sich auch Krankheitserreger verbreiten, die Pflanzen, Tieren oder dem Menschen schaden", erklärt die Biologin.

Wenn der Biokrustenverlust so hoch sein werde wie erwartet, prognostizieren die Fachleute, dass die globale Staubbelastung im Jahr 2070 um bis zu 15 Prozent zunehmen wird. Sie halten es für notwendig, die Krusten als Schlüsselakteure im globalen Klimawandel zu betrachten − und empfehlen, die Krusten künftig bei Klimamodellen und der Konzeption von Anpassungsstrategien zu berücksichtigen.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3213146/
(abgerufen am 22.05.2022)