Neue Ära


Erst am Donnerstag ist auf Island erneut ein Vulkan ausgebrochen, aus einem kilometerlangen Riss in der Erde ist Lava an die Oberfläche geschossen. Die Eruption im Südwesten der Insel war bereits die dritte seit Dezember. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, so hieß es am Samstag, gingen inzwischen davon aus, dass das Brodeln der Anfang einer möglicherweise langen "Episode" bzw. Ära sein könnte.

Der Vulkanausbruch ereignete sich nördlich der evakuierten Hafenstadt Grindavik. Diese blieb diesmal verschont, nachdem bei der ersten Eruption dort Mitte Jänner Gebäude zerstört worden waren. In der Region brach seit 2021, als die seismischen Aktivitäten dort zuzunehmen begannen, sechsmal ein Vulkan aus.

Bei der Eruption letzte Woche schossen laut Angaben der Isländischen Meteorologie− und Geologiebehörde IMO Lavafontänen nordöstlich des Berges Sylingarfell bis zu 80 Meter in die Höhe. Eine Dampfwolke stieg bis in eine Höhe von rund drei Kilometern auf. Rund um den Riss bildete sich schnell ein Lavafeld, wie in Livestreams des isländischen Rundfunksenders RUV zu sehen war.

Der Lavastrom zerstörte laut Angaben von RUV eine Geothermiepipeline, es kam zu Stromausfällen, eine Straße, die zur Touristenattraktion Blaue Lagune, einem natürlichen Thermalsee, führt, wurde blockiert, berichtete die BBC am Samstag − und stellte Experten die Frage: Was geschieht aktuell in Island?

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Island ist eines der Länder mit der größten vulkanischen Aktivität weltweit. Auf der Insel gibt es rund 100 Vulkane, laut BBC sind aktuell über 30 davon aktiv. Die Insel "sitzt" außerdem auf der Bruchlinie zwischen der Eurasischen und der Nordamerikanischen Erdplatte (Lithospärenplatte). An solchen Linien kommt es häufig zu Erdbeben und Vulkanausbrüchen.

Allerdings liegen die letzten Vulkanausbrüche vor jenen im Jahr 2021 auf der Reykjanes−Halbinsel im Südwesten Islands − nicht weit von der Hauptstadt Reykjavik entfernt − lange Zeit zurück. Die hatten sich, so die BBC unter Berufung auf Vulkanologen, irgendwann zwischen dem achten und 13. Jahrhundert ereignet. Warum über 800 Jahre "Pause"?

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Die beiden Erdplatten drifteten nur sehr langsam, einige wenige Zentimeter pro Jahr auseinander, zitierte die BBC am Samstag den Erdwissenschaftler Tamsin Mather von der Universität Oxford. Allerdings gehe das nicht immer langsam und kontinuierlich vor sich, manchmal werde die Aktivität stärker. Und das sei, was aktuell auf der isländischen Halbinsel passiere.

Das Gestein in der Region "erzähle" Geologen viel über die Geschichte des Vulkanismus dort. Es habe in den letzten 4.000 Jahren zumindest drei "Episoden" von bis zu 1.000 Jahren Ruhe und einige erhöhte vulkanische Aktivitäten für jeweils mehrere hundert Jahre gegeben. Dieses "Muster an Perioden" lässt die Wissenschaft offensichtlich darauf schließen, dass aktuell eine Ära erhöhter Aktivität angebrochen ist, die entsprechend lange dauern könnte.

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Zu erwarten, so Mather gegenüber der BBC, seien zumindest relativ kleine und relativ kurze Eruptionen, und das wahrscheinlich für die kommenden Jahre und Jahrzehnte. Entsprechend wichtig seien Warnsysteme, die rechtzeitig vor einem Vulkanausbruch Alarm schlagen. Die letzte Eruption hatte sich durch jeweils mehrere hundert kleine Erdbeben im Vorfeld angekündigt.

Für die Stadt Grindavik mit ihren rund 4.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und das große Geothermiekraftwerk können Prognosen von existenzieller Bedeutung sein. Mit den wiederholten Eruptionen würden Prognosen genauer, so die Vulkanologin Evgenia Ilyinskaya von der britischen Universität Leeds. Mit der Beobachtung der Magmakammern unter der Erde könnten sie ziemlich genau vorhersagen, wann Lavaströme an die Oberfläche durchbrechen.

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Allerdings ist auch das Wo der nächsten Eruption eine Frage. Vulkane wie die, die aktuell in Island aktiv sind, seien nicht vergleichbar mit kegelförmigen wie dem italienischen Ätna, so der britische Sender, wo die Lava praktisch immer aus demselben Krater tritt. In Island schlummert die Lava unter einem großflächigen, praktisch porösen Erdboden und kann durch kilometerlange Risse plötzlich an die Oberfläche treten, wie in den letzten beiden Monaten dreimal geschehen. Bis Freitagabend hatte sich der Boden auf der Halbinsel laut IMO wieder beruhigt, zumindest vorerst.

Quelle:
https://orf.at/stories/3348314/
(abgerufen am 10.02.2024)