Gefahrenerkennung


Die Waldbrände in Europa waren diesen Sommer vielerorts verheerend. Österreich war deutlich weniger betroffen, doch das könnte sich mit zunehmender Erderwärmung ändern. Eine neues Prognosemodell soll mit Hilfe von künstlicher Intelligenz die Waldbrandgefahr möglichst treffsicher einschätzen.

In Österreich sind vor allem Waldregionen mit vielen Kiefern gefährdet, zum Beispiel Kärnten, die Steiermark oder Tirol, erklärt Ruxandra Zotta, Geowissenschaftlerin von der Technischen Universität Wien: "Wir wissen, dass Kieferbestände eine höhere Entzündungsgefahr haben als andere Nadelbäume oder Laubwald".

Aber auch Laubwald kann zum Risiko werden. Ist es im Frühling trocken, kann das heruntergefallene Laub vom Vorjahr leicht zu brennen beginnen. Rund 85 Prozent der Waldbrände werden von Menschen verursacht, so Ruxandra Zotta. Sie bezieht sich dabei auf die Waldbrand−Datenbank der Universität für Bodenkultur. Die meisten Waldbrände entstehen demnach aus Fahrlässigkeit, landwirtschaftlichen Brennarbeiten oder anderen menschengemachten Faktoren.

Um Waldbrände besser vorhersagen zu können, entwickelt Zotta mit Kollegen von der Universität für Bodenkultur und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) ein neues Vorhersagemodell. Denn herkömmliche Modelle beziehen meist nur meteorologische Daten, also Wetterdaten mit ein. Der Faktor Mensch, die Baumarten oder die Topographie werden ignoriert.

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In das neue Modell sollen solche Informationen ebenfalls einfließen. Eine von vielen Quellen sind Satellitenbilder, erklärt Ruxandra Zotta. "Von Satellitendaten kann man die Baumarten klassifizieren und den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens ableiten, aber auch Besiedlungen oder Kahlschläge erkennen." Daneben werden Daten und Informationen von der Boku Wien und der ZAMG sowie von Forstbehörden und Berufsfeuerwehren verwendet, sowie Behördendaten zur Bevölkerung.

Auch Bauarbeiten im Wald oder eine touristische Nutzung des Gebiets sind wichtige Hinweise. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz werden aus diesen Daten regionale Risikovorhersagen erstellt. Wenn etwa die Trockenheit groß ist, wenn Straßen und Geschäfte in der Nähe sind, wenn viele Kiefern vorhanden sind, dann steigt die Waldbrandgefahr. Deshalb sind auch städtische Randgebiete betroffen, denn hier gibt es viele Menschen, die Waldbrände auslösen können − gemeinsam mit anderen Faktoren.

In der Umgebung von Graz und Leoben wird die Waldbrandgefahr laut der künstlichen Intelligenz in Zukunft besonders ansteigen. Schon jetzt brennt es besonders häufig an den Südhängen der Nordkette bei Innsbruck. Grund sei die Kombination aus trockenen Südhängen, Kiefernwald, naher Besiedelung und Freizeitaktivitäten.

Generell für Österreich prognostiziert Zotta: "Derzeit gibt es keine signifikante Zunahme der Waldbrände, aber aufgrund des Klimawandels erwarten wir vor allem intensivere und damit potenziell gefährlichere Waldbrände".

Trockenheit und Dürre könnten dem nadelwaldreichen Österreich in Zukunft zum Verhängnis werden − das Warnsystem soll helfen, das Schlimmste zu verhindern. Derzeit wird der Algorithmus noch trainiert, und zwar mit Datensätzen von bereits vergangenen Bränden.

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3214725/
(abgerufen am 11.09.2022)