Schlecht vorbereitet


Bei einer Erderwärmung um zwei Grad Celsius steigt die Zahl der Tage mit "unkomfortabel hoher Temperatur" in Österreich um 25 Prozent, berichtet ein Forschungsteam der Universität Oxford. Entsprechend wächst der Kühlbedarf, wobei Österreich unter den zehn Staaten ist, die weltweit den höchsten prozentualen Anstieg dabei haben. Diese Länder seien "gefährlich unvorbereitet".

Das Forschungsteam um Jesus Lizana vom "Future of Cooling Programme" der Uni Oxford berechnete mit mathematischen Modellen, wie viel lokal zusätzlich gekühlt werden muss, wenn die Erderwärmung nicht auf 1,5 Grad Celsius beschränkt wird, sondern zwei Grad Celsius erreicht.

Die extremsten Temperaturen würden dann in Zentralafrika herrschen. "Die Menschen in Afrika tragen dann die Hauptlast eines Problems, das sie nicht verursacht haben", so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer Aussendung.

Den höchsten relativen Anstieg an Tagen mit Kühlbedarf auf einem um zwei Grad Celsius aufgeheizten Globus werden jedoch die Menschen in bisher kühleren Weltregionen erfahren: Hier führt Irland mit einem Anstieg von 38 Prozent vor der Schweiz und Großbritannien (jeweils 30 Prozent), Norwegen, Finnland und Schweden (je 28 Prozent), Österreich (25 Prozent) sowie Kanada, Dänemark und Neuseeland (je 24 Prozent).

Für ihre Studie, die nun im Fachjournal "Nature Sustainability" veröffentlicht wurde, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf einen ihren Angaben zufolge "weit verbreiteten Indikator" zur Quantifizierung des Kühlbedarfs zurückgegriffen, die "Cooling degree days" (CDDs; dt: Kühlgradtage). Damit wird die durchschnittliche tägliche Außentemperatur an einem Ort mit einer Standardtemperatur (üblicherweise 18 Grad Celsius) verglichen. Demnach hat beispielsweise ein Tag mit einer mittleren Außentemperatur von 30 Grad Celsius zwölf CDDs.

Speziell die in der Studie ermittelten Top−Ten−Länder sind "für diese Veränderung gefährlich unzureichend vorbereitet", so die Forscherinnen und Forscher. Denn sie seien traditionell auf Heizen im Winter eingerichtet, und nicht auf Kühlung im Sommer. "Im Moment wirken die Gebäude dort wie Gewächshäuser: Sie haben keinen äußeren Sonnenschutz, keine von außen abdunkelbaren Fenster, keine natürliche Belüftung und keine Deckenventilatoren", so Lizana. Wenn man die baulichen Strukturen ändert, könnte man den zusätzlichen Bedarf an Klimaanlagen verringern.

"Ohne angemessene Maßnahmen für nachhaltige Kühlung werden wir einen starken Anstieg der Nutzung energiefressender Systeme wie Klimaanlagen erleben", so Radhika Khosla von der Uni Oxford. Das könnte zu einem Teufelskreis führen: Werden fossile Brennstoffe für die Kühlung genutzt, steigen die Treibhausgasemissionen und forcieren die globale Erwärmung. "Wir würden die Welt draußen heißer machen, um uns drinnen kühler zu fühlen." Nachhaltige Maßnahmen zur Kühlung werden in den Klimaanpassungsstrategien der betroffenen Länder vernachlässigt, kritisieren die Forscherinnen und Forscher in der Aussendung.

Sie betonten, dass es sich in der Veröffentlichung um eine konservative Schätzung handelt und extreme Ereignisse wie Hitzewellen nicht berücksichtigt sind. Diese würden die Menschen zusätzlich zu dem berechneten durchschnittlichen Anstieg heimsuchen. Sie werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der UNO−Klimakonferenz in Dubai 2023 Anfang Dezember über ihre Erkenntnisse informieren, wo man ein "globales Abkühlungsversprechen" (Global Cooling Pledge) entwickeln will. "Um diese Auswirkungen abzumildern, ist es unerlässlich, die Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten."

Quelle:
https://science.orf.at/stories/3220286/
(abgerufen am 13.07.2023)