Wasserkrise


Die Wasserkrise in Mexiko hat sich zuletzt zunehmend verschärft: Einige Fachleute befürchten, dass der Millionenmetropole Mexiko−Stadt schon bald das Wasser weitgehend ausgehen könnte. Auch die Behörden reagierten. Um die Wasserversorgung im Tal von Mexiko in Zukunft sicherzustellen, seien Milliardeninvestitionen nötig, berichtete die Zeitung "El Economista" in der Nacht auf Freitag.

Rund 5,3 Milliarden Euro seien in den kommenden 15 Jahren zur Überwindung der Wasserkrise notwendig, hieß es darin weiter. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass in den nächsten vier Jahrzehnten nicht genügend Wasserreserven für mehr als 23,6 Millionen Menschen vorhanden sind. In dem Bericht "Wasserperspektiven im Tal von Mexiko. Richtlinien zur Wassersicherheit" plädieren 20 Fachleute für Investitionen in eine nachhaltige Bewirtschaftung von Grundwasserleitern wie auch in die Abwasserentsorgung und die Regenwassernutzung.

Außerdem werden eine effizientere Trinkwasserversorgung, Maßnahmen zum Schutz vor Dürren und Überschwemmungen sowie der Tausch veralteter Rohre und die Überprüfung von Lecks gefordert. Das Thema solle auch Priorität im Zuge der Präsidentschaftswahl im Juni haben, forderte der Arbeitgeberverband COPARMEX am Donnerstagabend (Ortszeit).

Wasserkrise 01

Die Hauptstadt des lateinamerikanischen Landes trifft es besonders hart: "Mehrere Stadtteile leiden seit Wochen unter Wassermangel, und es bleiben noch vier Monate, bis es zu regnen beginnt", sagte Christian Dominguez Sarmiento, Atmosphärenforscher an der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko (UNAM), gegenüber CNN. Hinter der Wasserknappheit in der mexikanischen Hauptstadt, die beinahe 22 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen zählt, stehen mehrere Faktoren, darunter eine unkontrollierte Stadtentwicklung, fehlerhaftes Wassermanagement sowie die Folgen der Klimakrise.

"Jahrelange ungewöhnlich niedrige Niederschlagsmengen, längere Trockenperioden und hohe Temperaturen haben zu einer zusätzlichen Belastung für ein Wassersystem geführt, das ohnehin schon überlastet ist, um den gestiegenen Bedarf zu bewältigen", schrieb CNN.

Die Behörden führten angesichts dessen Beschränkungen für das aus Stauseen gepumpte Wasser ein. In manchen Stadtteilen gibt es nur mehr an zwei bis drei Tagen pro Woche Wasser, berichtete etwa "El Economista". Der Nationalen Wasserkommission CONAGUA zufolge ist die tägliche Wasserversorgung pro Einwohner zwischen 1996 und 2021 fast um die Hälfte zurückgegangen.

Einen Großteil des Wassers bezieht die Metropole aus dem unterirdischen Wasserspeicher, auch Grundwasserleiter genannt. Allerdings wird das Wasser in so großen Mengen entnommen, dass sich der Speicher nicht schnell genug wieder auffüllen kann. Der Rest wird von Quellen außerhalb der Stadt bezogen − Berichten zufolge gehen dabei allerdings rund 40 Prozent des Wassers durch Lecks verloren.

Wasserkrise 02

Hauptversorgungsquelle des Tals von Mexiko, in dem sich auch Mexiko−Stadt befindet, ist das Cutzamala−Wassersystem. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk aus Stauseen, Pumpstationen, Kanälen und Tunneln. Dessen Füllungsgrad liegt aufgrund einer anhaltend schweren Dürre inzwischen auf einem historischen Tiefstand von etwa 38 Prozent, wie das Blatt "La Jornada" am Mittwoch berichtete.

"Das ist fast die Hälfte der Wassermenge, die wir haben sollten", sagte Fabiola Sosa−Rodriguez, Leiterin für Wirtschaftswachstum und Umwelt an der Universidad Autonoma Metropolitana in Mexiko−Stadt, zu CNN. Selbst wenn es monatelang regnen sollte, würde der Wassermangel im Tal von Mexiko nicht behoben sein, sagte Manuel Perlo Cohen, Forscher am Institut für Sozialforschung der UNAM, im mexikanischen Fernsehen. Die Region ist stark von natürlichen Klimaschwankungen betroffen.

"Der Klimawandel hat Dürren aufgrund des Wassermangels immer schlimmer gemacht", sagte der UNAM−Forscher Sarmiento. Darüber hinaus hätten hohe Temperaturen "das im Cutzamala−System verfügbare Wasser verdunsten lassen", sagte er. Neben der Klimakrise wird Mexiko−Stadt auch durch das Bevölkerungswachstum vor große Herausforderungen gestellt. Das zentrale Wassersystem könne damit laut Fachleuten nicht mithalten.

Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schaltete sich zuletzt in die Debatte ein. "Ein effizientes Wassermanagement würde die Zuverlässigkeit der Wasserversorgung erhöhen und die begrenzten Ressourcen des Landes schützen", heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten OECD−Bericht. Mexiko könnte so ein attraktiveres Ziel für "Nearshoring" sein − beim "Nearshoring" werden unternehmerische Tätigkeiten ins nahe Ausland verlagert.

In Medien wird inzwischen debattiert, ob die Stadt einen "Tag null" erreichen könnte − also jener Tag, an dem die Versorgung durch das Cutzamala−System gänzlich versiegt. In lokalen Medien wurde Anfang Februar gar spekuliert, ob es bereits Ende Juni so weit sein könnte.

Behörden und Politik sind unterdessen um Beruhigung bemüht. Präsident Andres Manuel Lopez Obrador gab an, dass an einer Lösung gearbeitet werde. Der Bürgermeister von Mexiko−Stadt, Marti Batres Guadarrama, sprach überhaupt von "Fake News". Die Nationale Wasserkommission teilte wiederum auf ihrer Website mit, an einem dreijährigen Projekt zur Verbesserung der Wasserinfrastruktur zu arbeiten. Im Raum stehen die Errichtung neuer Brunnen und die Inbetriebnahme von Wasseraufbereitungsanlagen.

Wenn sich nichts ändert, könnte Teilen der Bevölkerung von Mexiko−Stadt das Wasser ausgehen, bevor die Regenzeit komme, warnte Sosa−Rodriguez und kritisierte gegenüber CNN einen sozial "ungleichen Zugang zu Wasser". Raul Rodriguez Marquez, Präsident des gemeinnützigen Wasserbeirats, glaubt zwar nicht, dass die Stadt heuer einen "Tag null" erreichen werde, schloss das aber in Zukunft nicht aus.

Quelle:
https://orf.at/stories/3350076/
(abgerufen am 02.03.2024)